Niedersachsens Justizministerin: Bürgern neutral gegenübertreten

Drei Bundesländer planen Verbot religiöser Symbole bei Richtern

Veröffentlicht am 09.09.2019 um 09:30 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Niedersachsen plant ein Verbot religiöser Symbole an der Kleidung von Richtern und Staatsanwälten. Vorreiter ist das Land damit allerdings nicht: In vier Bundesländern gibt es bereits solche Verbote, in zwei weiteren sind ähnliche Regelungen geplant.

  • Teilen:

Kopftuch, Kreuz, Kippa: Auf solche religiösen oder weltanschaulichen Symbole oder Kleidungsstücke sollen Richter und Staatsanwälte in Niedersachsen nach dem Willen der Landesregierung künftig grundsätzlich verzichten. "Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass die Justiz ihnen vollkommen neutral gegenübertritt", sagte Justizministerin Barbara Havliza (CDU) dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Und sie können auch erwarten, dass das optisch zum Ausdruck kommt." Kreuze im Gerichtssaal sind nach ihren Worten davon nicht betroffen. "Das Recht wird durch Menschen gesprochen und nicht durch Säle", sagte sie. Kreuze müssten aber abgehängt werden, wenn ein Beteiligter im Gerichtsverfahren dies wünscht.

Auf Initiative Havlizas hat die rot-schwarze Landesregierung in Hannover einen Gesetzentwurf beschlossen, der Mitte September in den Landtag eingebracht werden soll. Die Frage der Neutralität soll damit künftig landesweit einheitlich geregelt werden. Ausschlaggebend waren Fälle angehender muslimischer Juristinnen, die das Kopftuch auch für öffentliche Handlungen im Gericht tragen wollten. "Das ist dann der Punkt, an dem wir sagen: Nein, aus der Sicht des Dritten, der vor Gericht Recht sucht, geht das nicht", betonte die Ministerin.

Mit der Initiative für ein Verbot religiöser Symbole für Richter und Staatsanwälte ist Niedersachsen bundesweit nicht allein. Wie eine Umfrage des epd unter den Justizministerien der Länder ergab, sind in zwei weiteren Bundesländern schon seit längerem ähnliche Verbote geplant. In Nordrhein-Westfalen ist solch eine Regelung seit dem vergangenen Jahr in der parlamentarischen Beratung. Im Saarland wurde ein Kopftuchverbot für Justizangehörige im Koalitionsvertrag vereinbart, bislang aber noch nicht umgesetzt. In vier Bundesländern gibt es solche Verbote bereits.

Ein öffentlicher Raum mit einem Kreuz.
Bild: ©dpa/Daniel Karmann

Kreuze in Gerichtsgebäuden sollen auch in Niedersachsen künftig weiter hängen bleiben können.

In den sieben übrigen Bundesländern gibt es keine entsprechenden Regelungen und es sind auch keine geplant. Dazu gehören Hamburg, Brandenburg, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Rheinland-Pfalz. Zur Begründung heißt es in erster Linie, dass eine solche Regelung nicht gebraucht werde. "Die Thematik hat im Freistaat Sachsen bislang keine praktische Relevanz", hieß es aus Dresden. Für die Hamburger Justizbehörde erklärte eine Sprecherin, es sei bisher kein Fall erinnerlich, der ein Einschreiten erforderlich gemacht habe.

Verboten sind religiöse Symbole für Richter, Staatsanwälte und teilweise auch andere Vertreter vor Gericht in Bayern, Baden-Württemberg, Bremen und in Berlin. Das strenge Neutralitätsgesetz in der Bundeshauptstadt verbietet auch Lehrern und Polizisten das Tragen religiöser Symbole. In Bremen und Baden-Württemberg sind ehrenamtliche Richter aber vom Verbot ausgenommen.

Bundesjustizministerium kommentiert Pläne nicht

In Hessen und Thüringen sind die Regelungen nicht eindeutig, allerdings auch keine neuen geplant. So zitierte ein Sprecher des Ministeriums in Erfurt, dass als Amtstracht eine schwarze Robe ohne Rangabzeichen "und nach Form und Farbe unauffällige, mit der Amtstracht zu vereinbarende Kleidungsstücke" zu tragen seien. In Hessen dürfen keine Kleidungsstücke oder Symbole getragen werden, die geeignet seien, "das Vertrauen in die Neutralität ihrer Amtsführung zu beeinträchtigen oder den politischen, religiösen oder weltanschaulichen Frieden zu gefährden".

Das Bundesjustizministerium kommentierte die Pläne nicht. Für die verfassungsrechtliche Prüfung ihrer Vorhaben seien die Länder selbst zuständig, sagte eine Sprecherin. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) selbst plant, Verfahrensbeteiligten vor Gericht die Verhüllung des Gesichts zu verbieten. Damit dürften Richterinnen, Anwältinnen und Zeuginnen keine Burka tragen, aber auch keine andere Verhüllungen wie Masken oder Verbände. Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Identität der Beteiligten festgestellt und zur Beweiswürdigung auch die Mimik herangezogen werden kann. Das Verbot religiöser Symbole stehe nicht im Fokus, sagte die Sprecherin. (rom/epd)