Wiener Kardinal über die Todesstrafe

Schönborn: Darum hat der Papst den Katechismus geändert

Veröffentlicht am 16.09.2019 um 15:33 Uhr – Lesedauer: 
Kardinal Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, bei der Pressekonferenz zur Familiensynode am 16. Oktober 2014 im Vatikan.
Bild: © KNA

Wien ‐ Die Änderung des Katechismus hinsichtlich der Todesstrafe vor einem Jahr sorgte für Aufsehen. Jetzt meldet sich noch einmal der Wiener Kardinal Christoph Schönborn zum Thema zu Wort – und erklärt den Schritt von Papst Franziskus.

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Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn hat sich gegen die Todesstrafe ausgesprochen. Diese sei aus christlicher Sicht entschieden abzulehnen, da sie der Würde des Menschen widerspreche, sagte er am Sonntagnachmittag bei der Maria-Namen-Feier im Wiener Stephansdom: "Die Todesstrafe, das geht nicht, weil jeder Mensch das Bild Gottes in sich trägt und daher unverlierbare Würde hat." Aus diesem Grund habe auch Papst Franziskus in diesem Punkt den Katechismus geändert und eine uneingeschränkte Ablehnung der Todesstrafe festgelegt, wie dies bereits schon Papst Johannes Paul II. gewollt habe.

Papst Franziskus hatte im August 2018 den entsprechenden Abschnitt über die Todesstrafe verändert und war damit auf ein geteiltes Echo gestoßen. Die Kirche lehrt nun "im Licht des Evangeliums", "dass 'die Todesstrafe unzulässig ist, weil sie gegen die Unantastbarkeit und Würde der Person verstößt'". Außerdem setze die Kirche sich "mit Entschiedenheit für deren Abschaffung in der ganzen Welt ein". Der Abschnitt über die Todesstrafe hatte in seiner ursprünglichen Fassung des Katechismus von 1993 die Todesstrafe nicht komplett ausgeschlossen.

Mitgefühl als "Weltmuttersprache"

Weiter rief Schönborn zu mehr Mitgefühl auf. Dieses sei "jene stille Kraft, die die Welt verändert und sie menschlicher macht". Mitgefühl sei eine Art "Weltmuttersprache", die jeder verstehe und die nicht erst erlernt werden müsse, da sie bereits im Gehirn vorprogrammiert sei.

Ähnlich wie der gute Hirte im biblischen Gleichnis vom verlorenen Schaf sei es auch heute wichtig, sich um jeden einzelnen Menschen zu kümmern, betonte Schönborn weiter. Jesus erzähle vom Hirten, der die 99 anderen Schafe zurücklasse und sich auf die Suche mache nach dem einen verlorenen: "Für Gott ist keiner egal, keiner wird einfach abgeschrieben, sondern gerade die, die sich verirrt haben, die den Weg verloren haben, die in Gefahr sind, gerade die sind es, deren Gott sich besonders erbarmt." Das Gleichnis gelte auch, wenn es um die Kirchenaustrittszahlen gehe. Ähnlich wie sich der Hirte aufmache, um das eine Schaf zu finden, müsse auch die Kirche jedem nachgehen, der sie verlässt, so der Kardinal.

"Eine stille Kraft zur Veränderung der Welt" hieß das Motto der diesjährigen Feier, die von der Rosenkranz-Sühnekreuzzug-Gebetsgemeinschaft seit 1958 in Wien veranstaltet wird. In Verbindung mit dem kirchlichen Maria-Namen-Fest soll die Feier auch an die Befreiung Wiens von der osmanischen Belagerung im September 1683 erinnern. (tmg/KNA)