Kirchenasyl-Prozess: Pfarrer muss Bußgeld zahlen
Das Amtsgericht Sonthofen hat das Verfahren gegen einen evangelischen Pfarrer wegen des Vorwurfs der Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt eines Flüchtlings vorläufig eingestellt. Dies teilte die Behörde am Mittwoch mit. Bedingung für die Einstellung ist demnach, dass der Pfarrer aus Immenstadt im Allgäu binnen sechs Monaten 3.000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zahlt. Der Beschluss sei im Einvernehmen von Angeklagtem, Staatsanwaltschaft und Gericht erfolgt. Eine Revision sei nicht möglich. Bei dem Beschluss handle es sich nicht um ein Urteil und somit um keine grundsätzliche Einschätzung zum Thema Kirchenasyl.
Der Ausgang des Prozesses war mit Spannung erwartet worden, weil erstmals in Bayern ein Pfarrer angeklagt war, der Kirchenasyl gewährt. Der lutherische Geistliche hatte mit seiner Gemeinde seit Mai 2018 mehr als ein Jahr lang einen Afghanen beherbergt. Dafür hatte er im Juli auf Antrag der Staatsanwaltschaft Kempten einen Strafbefehl über 4.000 Euro erhalten, diesem aber widersprochen.
Auch der betroffene Flüchtling musste sich vor Gericht verantworten. Er sollte ursprünglich 900 Euro wegen unerlaubten Aufenthalts bezahlen, wehrte sich aber dagegen. Er muss laut dem Gerichtsbeschluss nun 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der Afghane hatte das Kirchenasyl Medienberichten zufolge verlassen können, nachdem der Petitionsausschuss des bayerischen Landtags einen sechsmonatigen Abschiebestopp beschlossen hatte. Dieser dauert noch bis November.
Zu dem 4.000-Euro-Strafbefehl gegen den Pfarrer kam es, weil dieser laut Gericht bereits 2016 in einem ähnlich gelagerten Fall Kirchenasyl gewährt hatte. Ein Verfahren in dieser Sache wurde von der Staatsanwaltschaft Kempten 2017 wegen geringer Schuld eingestellt, wie es hieß. Allein: "Der Angeklagte wurde bereits damals auf die Strafbarkeit seines Handelns aufmerksam gemacht." Auch im aktuellen Verfahren habe man ihn ausdrücklich auf die Rechtsfolgen eines fortgesetzten Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz hingewiesen.
"Als Landeskirche hätten wir gerne eine grundsätzliche Klärung bekommen"
Michael Martin, Oberkirchenrat im evangelischen Landeskirchenamt, zeigte sich einerseits "froh und erleichtert" über den Verfahrensausgang. "Als Landeskirche hätten wir gerne eine grundsätzliche Klärung bekommen, ob die Gewährung von Kirchenasyl Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt ist", fügte er hinzu. Die Richterin habe indes darauf verwiesen, dass jeder Fall einzeln abgewogen werden müsse.
Die Rechtsanwältin und stellvertretende Leiterin des Katholischen Büros Bayern, Bettina Nickel, sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), im Freistaat hätten Kirchengemeinden verschiedener Konfessionen 2019 bis Ende August in 81 Fällen Kirchenasyl gewährt. Meist handle es sich um Fälle in katholischer Obhut. Insgesamt gebe es in Bayern einen Abwärtstrend bei den Kirchenasyl-Zahlen. Dies liege auch am Rückgang der Flüchtlingszahlen selbst. Seit 2018 seien die Kirchen zudem im Kirchenasyl-Verfahren verpflichtet, für jeden Fall ein Härtefalldossier beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einzureichen.
Vor dem Gerichtstermin hatten sich auch Grünen-Politiker zu dem Fall geäußert. Die Bundestagsabgeordneten Konstantin von Notz und Luise Amtsberg erklärten, es gebe für Asyl-Härtefälle "dankenswerterweise auch die Möglichkeit des Kirchenasyls". Dieses habe in Deutschland eine lange Tradition und sei im Grundgesetz verankert, was es zu wahren und zu verteidigen gelte. "Es darf nicht sein, dass diese Handlung nach dem Prinzip der christlichen Nächstenliebe durch Strafandrohung verunmöglicht wird." (KNA)