Papst macht Luxemburgs Erzbischof Hollerich zum Kardinal
Der Erzbischof von Luxemburg wird künftig im Gefüge der Weltkirche eine noch bedeutendere Rolle spielen. Am heutigen Samstag nimmt Papst Franziskus Jean-Claude Hollerich ins Kardinalskollegium auf. Erst im vergangenen Jahr hat der 61-Jährige das Amt des Vorsitzenden der EU-Bischofskommission COMECE übernommen.
Anders als Kardinal Reinhard Marx, sein Vorgänger auf EU-Ebene, steht Hollerich für ein kleines, in der europäischen Kirchen-Geographie eher unbedeutendes Land. Und er ist ein Mann der leisen Töne, unaufgeregt und diplomatisch. Das kam ihm bereits kurze Zeit nach seiner Ernennung zum Erzbischof seines Heimatlandes im Jahr 2011 zugute.
Als der liberale Premierminister Xavier Bettel 2013 Jean-Claude Juncker ablöste, dessen christsoziale Partei eng mit der katholischen Kirche verbunden war, geriet die alte, staatsnahe Kirchenstruktur ins Wanken. Es kam zu einschneidenden Reformen. Die Kirche erhielt deutlich weniger finanzielle Unterstützung vom Staat, der Religionsunterricht wurde abgeschafft.
Hollerich manövrierte das Erzbistum, das unmittelbar dem Heiligen Stuhl unterstellt ist, durch diese schwierigen Reformen. Die Pfarreien mussten neue Strukturen der Glaubensvermittlung aufbauen - mit Erfolg: Mittlerweile nehmen Tausende Kinder an den Angeboten der Pfarrkatechese teil. Doch in vielen Pfarreien gab es massive Widerstände gegen die Reform der lokalen kirchlichen Eigentums- und Finanzverhältnisse. Das hinterließ Wunden. "Es waren ohne Zweifel harte Jahre für unsere Diözese, auch für die Bistumsleitung", schrieb Hollerich in einem Hirtenbrief.
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Nachdem die Staat-Kirche-Reformen weitgehend vollendet waren, trat Hollerich 2018 ein zusätzliches Amt in Brüssel an. Weil Kardinal Marx nach sechs Jahren als COMECE-Vorsitzender nicht mehr zur Wiederwahl antreten durfte, brauchte das Gremium einen neuen Leiter. Die Bischöfe wählten den Luxemburger zum Nachfolger.
Hollerich wurde am 9. August 1958 im luxemburgischen Differdingen nahe der deutschen Grenze geboren. Als junger Mensch erlebte er noch die Zeit der Schlagbäume. Diese Prägung veranlasste ihn, sich als Erzbischof deutlich gegen die Abriegelung der europäischen Grenzen zu positionieren: "Der Ruf nach Grenzkontrollen ist etwas, das ich nicht verstehe."
Erfahrung der Minderheitenkirche in Japan war prägend
Die Grenzen des kleinen Großherzogtums verließ Hollerich zum Studium der Theologie in Rom. 1981 trat er in den Jesuitenorden ein. Nach dem Noviziat im belgischen Namur und zwei Jahren in der heimatlichen Seelsorge setzte er seine Theologiestudien von 1985 bis 1989 in Tokio und Frankfurt fort. Nach der Priesterweihe 1990 studierte Hollerich zusätzlich Germanistik in München.
1994 wurde er Lehrer für Deutsch, Französisch und europäische Studien an der Sophia-Universität der Jesuiten in Tokio, wo er später auch als Seelsorger der dortigen deutschen Pfarrei wirkte. Die Erfahrung der kleinen, aber hoch anerkannten Minderheitenkirche in Japan hat ihn nachhaltig geprägt und immun gemacht gegen eine Haltung kirchlichen Machtanspruchs, wie sie früher vielen Luxemburger Klerikern eigen war.
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Hollerich ist kein Mann eingängiger Parolen. Er ist es gewohnt, Religion und Gesellschaft gleichzeitig aus einem "deutschen" und aus einem französisch-laizistischen Blickwinkel zu betrachten. Als COMECE-Chef setzt er sich für eine Wiederbelebung der Idee der europäischen Integration ein. Er vermittelt zwischen unterschiedlichen Sichtweisen der Bischöfe, die nicht selten zwischen Ost und West auseinanderdriften.
Ähnlich wie Marx hat er sich in der Flüchtlingsfrage deutlich positioniert. "Es ist ganz klar, dass das politische Problem der Flüchtlinge nicht national, sondern europäisch gelöst werden muss", sagte er 2017 in einem Interview. Die Kirche dürfe nicht zwischen christlichen und muslimischen Flüchtlingen unterscheiden: "Ich kann mich nicht erinnern, irgendwo in der Heiligen Schrift gelesen zu haben, man solle nur den Menschen helfen, die so sind wie wir."
Er habe festgestellt, dass sich jene Kirchengemeinden, die sich in der Flüchtlingsarbeit engagierten, positiv entwickelten. "Sie werden wieder lebendiger; es gibt dort Kontaktpersonen für Flüchtlinge, Sprachkurse, alles Mögliche. Wir leben Christentum!" Die Kirche dürfe sich auf EU-Ebene nicht zu stark in die Politik einmischen, mahnte er. "Aber sie muss ihre Stimme erheben, damit ein friedliches, gerechtes Zusammenleben aller Menschen in Europa möglich wird."
Als Mitglied des Kardinalskollegiums wird Hollerichs Stimme nicht nur in Europa deutlich mehr Gewicht bekommen. Sicher wird ihm sein diplomatisches Geschick auch in dieser Funktion zugutekommen.