Gottesbezug in der Verfassung, Religionsunterricht und Moscheebauten
Am kommenden Sonntag wählen die Thüringer einen neuen Landtag. Umfragen zufolge dürfte die Koalitionsbildung sehr schwierig werden. Nicht zuletzt, weil die drei mit Abstand stärksten Kräfte der Landespolitik miteinander unverträglich sind: Linke, CDU und die AfD mit Björn Höcke an der Spitze. Ob die bisherige rot-rot-grüne Koalition genügend Stimmen für ein "Update" bekommt, ist fraglich.
Rund 28 Prozent der Thüringer gehören einer christlichen Kirche an. Blickt man in die Parteiprogrammen zur Landtagswahl schlägt sich dies - wie auch in anderen Bundesländern - indes höchst unterschiedlich nieder. "Gesellschaftliches Engagement der Kirchen sollte gefördert werden", erklärt die Linkspartei in ihrem Programm, "allerdings in gleichem Maße wie bei anderen sozialen und gesellschaftlichen Organisationen". Die Partei, die mit dem bekennenden Protestanten Bodo Ramelow den Ministerpräsident stellt, tritt zugleich "für die institutionelle Trennung von Staat und Kirche" ein und betont: "Wir sind gegen die eingeschränkten Arbeitnehmerrechte in kirchlichen Einrichtungen und fordern die Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen." Außerdem möchten die Linken laut Programm den Gottesbezug aus der Präambel der Landesverfassung streichen. Den Religionsunterricht an den staatlichen Schulen will sie "als Wahlpflichtfach abschaffen und als freiwillige Ergänzung nach der regulären Unterrichtszeit anbieten".
Zum Religionsunterricht nimmt auch der bündnisgrüne Koalitionspartner konkret Stellung. Zwar solle das im Grundgesetz garantierte bekenntnisgebundene Fach weiter angeboten werden. Zugleich setzt sich die Partei aber dafür ein, dass "schulartspezifisch verbindlich für die Schüler*innen der Religionsunterrichte und des Ethikunterrichts regelmäßig ein festes gemeinsames Zeitfenster für 'Philosophie und Religionen' eingeführt wird", ohne deshalb die Zahl der Schulstunden zu erhöhen. Der dritte Koalitionspartner SPD äußert sich dazu nicht. Das Stichwort "Kirche" ergibt im Programm der Sozialdemokraten keinen Treffer, "Religion" taucht nur im Zusammenhang mit "Gewalt gegen Frauen" auf.
Anders bei der CDU, die im Landtag bislang in der Opposition ist: Die Christdemokraten würdigen die Kirchen als Partner bei Freizeitmöglichkeiten für Jugendliche im ländlichen Raum und bei ehrenamtlichem Engagement. Sie verpflichten sich zum Schutz der Sonn- und christlichen Feiertage sowie der kirchlichen Baudenkmale. Die CDU bekundet auch Juden und Muslimen ihre Wertschätzung. Einschränkend heißt es dazu aber weiter: "Wir achten das Recht jeder Glaubensgemeinschaft, religiöse Bauten zu errichten, werden dem Bau weiterer Moscheen jedoch politisch keinen Vorschub leisten."
Ungleich stärkere Vorbehalte gegenüber dem Islam formuliert dagegen die AfD. "Die Expansionspläne der fundamentalistischen Ahmadiyya-Sekte auch in Thüringen, denen die Altparteien und die Amtskirchen Vorschub leisten, lehnen wir ab", so die Partei und meint damit offenbar den Moscheebau der Ahmadiyya-Gemeinschaft in Erfurt-Marbach.
Religiös motivierte Bekleidungsregelungen, der "kulturell sensible" Verzicht von Speisen in öffentlichen Einrichtungen, die Errichtung von Moscheen, "die Diffamierung unserer Gesellschaft als 'unrein', die Duldung der Verstümmelung von Neugeborenen aus religiösen Gründen oder das qualvolle Schächten von Tieren" seien "deutliche Zeichen einer zunehmenden Islamisierung", heißt es in ihrem Programm weiter. Die Ausnahmeregelung für Religionsgemeinschaften im Tierschutzgesetz sei zu streichen und das Schächten damit zu verbieten. Die AfD will erreichen, dass "der Wille des Volkes wieder zählt und nicht der Wille von Führungskadern der Altparteien, Gewerkschaften und Kirchen die Richtung vorgibt". In ihrer kirchenkritischen Haltung hebt sich die Thüringer AfD selbst von ihren Schwesterparteien in Sachsen und Brandenburg deutlich ab.