Kardinal bekräftigt Solidarität mit Judentum

Marx: Priester und Religionslehrer brauchen Wissen über Antijudaismus

Veröffentlicht am 04.11.2019 um 11:10 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Angesichts des neuen Antisemitismus zeigt sich Kardinal Reinhard Marx besorgt. Gerade das Unwissen über Judenfeindschaft in den Reihen der Kirche überrasche ihn. Daher müsse in der Ausbildung von Priestern und Lehrern etwas geschehen.

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Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat die gemeinsame Sorge von Christen und Juden angesichts des neuen Antisemitismus bekräftigt. "Christen und Juden werden sich niemals wieder voneinander trennen", betonte der Erzbischof von München und Freising am Sonntagabend in der Katholischen Akademie in Berlin. Zugleich zeigte er sich "immer wieder überrascht über das Unwissen in den eigenen Reihen". Deshalb müssten sich die Christen immer wieder neu befragen im Hinblick auf die "religiöse Komponente" des Antisemitismus, den jahrhundertelangen Antijudaismus in der Kirche. In der Ausbildung etwa von Priestern und Religionslehrern müssten diese Themen angemessen behandelt werden.

Marx äußerte sich bei einer ersten gemeinsamen öffentlichen Podiumsdiskussion der Deutschen Bischofskonferenz und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte, der Anschlag auf die Synagoge von Halle habe in der jüdischen Gemeinschaft zu Unsicherheit geführt. Zugleich wertete er es als hoffnungsvolles Zeichen, dass er noch nie so viele Solidaritätsbekundungen erhalten habe wie in den vergangenen Wochen.

Antisemitismus nach 1945 nicht verschwunden

Nach Auffassung des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) war der Antisemitismus in Deutschland nach 1945 "nie verschwunden" und habe sich in dieser Zeit nur unterschiedlich artikuliert. Deshalb müsse auch der Kampf gegen den Antisemitismus "in jeder neuen Generation bei Null beginnen". Heute müssten etwa die Kinder mit "Zuwanderungsgeschichte", die einen großen Teil der jungen Generation bildeten, anders angesprochen werden als früher die Nachkommen der deutschen Nationalsozialisten, so der Ministerpräsident unter Hinweis auf eine Gruppe junger Muslime, die er auf einer Reise nach Auschwitz begleitet habe.

Die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Kommission, Katharina von Schnurbein, sprach mit Blick auf den Anschlag von Halle von einer "perfiden Strategie" des Täters. Künftig werde immer am höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur an dieses Attentat erinnert werden.

Die Attacke von Halle sei nur die Spitze eines Eisbergs, sagte Bischof Ulrich Neymeyr am Montag in Berlin. Der Erfurter Oberhirte fügte hinzu, es sei "bitternötig, die christlichen Wurzeln des Antijudaismus zu bekämpfen". Neymeyr ist Vorsitzender der Unterkommission der Deutschen Bischofskonferenz für die religiösen Beziehungen zum Judentum.

Der Frankfurter Rabbiner Avichai Apel betonte, gerade in schwierigen Zeiten, in denen das gegenseitige Vertrauen auf eine harte Probe gestellt werde, gelte es, das Bemühen um den Dialog und das gegenseitige Verständnis zu verstärken. Neymeyer und Apel äußerten sich auf der Fachtagung von Bischofskonferenz und der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschlands zu aktuellen Fragen des theologischen Dialogs zwischen Kirche und Judentum. (tmg/KNA)

4.11., 16:47 Uhr: Ergänzt um Absätze 5 und 6.