Demonstranten plündern und verwüsten Kirche – Bischöfe entsetzt
Nach den Verwüstungen wandte sich Santiagos Apostolischer Verwalter Celestino Aos mit einer Videobotschaft an die chilenische Öffentlichkeit. "Unsere Kirche der Pfarrei von La Asuncion wurde gestern geplündert", begann Aos die Ansprache an seine Landsleute. Bänke und andere Einrichtungsgegenstände seien am Samstag herausgerissen und von den Eindringlingen verbrannt worden; Bilder von Heiligen seien zerstört worden, berichtete Aos. Der Vorfall reihe sich in eine Kette von Gewaltakten, die Chile in diesen Tagen erlebe. "Gestern haben wir den Monat von Maria begonnen", sagte Aos weiter. "Und gemeinsam mit ihr wiederholen wir Worte wie Schmerz, Traurigkeit, Wut, Unsicherheit." Er weise "absolut jede Art von Gewalt zurück", betonte der Geistliche.
Lokale Medien hatten zuvor bereits berichtet, dass Demonstranten in die katholische Kirche eingedrungen waren und die Inneneinrichtung sowie Kunstgegenstände zum Bau einer Straßenblockade verwendet hatten. Danach zündeten die Demonstranten das geplünderte Material an. Bei dem Gotteshaus handelt es sich um eine historische Kirche aus dem Jahr 1876 - zwei Blocks von der Plaza Italia entfernt, auf der seit Wochen demonstriert wird. An der in der Nähe befindlichen Universität Pedro de Valdiviva legten die Demonstranten Feuer. Zuletzt kam es auch zu Übergriffen gegen Journalisten, zudem wurden Polizistinnen mit Molotow-Cocktails attackiert.
Die Chilenische Bischofskonferenz verurteilte die Übergriffe auf Kirchen. Die Menschen seien der Ungerechtigkeit und der Gewalt müde, hieß es in einer Mitteilung des Ständigen Rats der Bischofskonferenz. Die Gewalt stehe den "berechtigten Forderungen der Mehrheit der Chilenen" entgegen. Die Bischöfe sprachen von "schwersten Beleidigungen Gottes und seiner Gläubigen" und verlangten Sanktionen für die Täter.
"Uns schmerzen die Sachschäden, aber..."
Santiagos "Übergangsbischof" Aos ging noch einen Schritt weiter. Er richtete nach den Vorfällen des Wochenendes einen grundsätzlichen Appell an seine Landsleute: "Uns schmerzen die Sachschäden, die besonders das Leben der Armen beeinträchtigen, aber uns schmerzen vor allem die Verletzten und die Toten. Für diese werden wir beten. Mit der ganzen Kraft unserer Stimme fordern wir von unseren Brüdern und Schwestern, unseren Landsleuten, dass diese Gewalt aufhört." Diejenigen, die Gewalt anwendeten, müssten den Weg des Dialogs einschlagen und nach Lösungen für die Probleme suchen, unabhängig von ihren eigenen Vorstellungen.
Chile wird seit Wochen von Unruhen erschüttert, bei denen bereits mehr als 20 Menschen ums Leben kamen. Das Nationale Institut für Menschenrechte (INDH) teilte in dieser Woche mit, dass seit Ausbruch der Massenproteste am 17. Oktober bislang rund 1.659 Menschen verletzt und 4.364 Menschen verhaftet worden seien. Die Demonstrationen entzündeten sich zunächst an einer Fahrpreiserhöhung für die Metro und weiteten sich später zu Forderungen nach einer Verfassungsänderung und einer anderen Sozialpolitik aus.
Die aktuelle Verfassung stammt noch aus der Zeit der chilenischen Militärdiktatur von General Augusto Pinochet (1973-1990). Sie wurde von den Sicherheitskräften unter anderem dafür verwendet, hart gegen demonstrierende Ureinwohner, die Mapuche, vorzugehen. Chiles Präsident Sebastian Pinera sagte vor zwei Wochen als Reaktion auf die Unruhen die für Dezember in Chile geplante Weltklimakonferenz ab. Er nahm eine Kabinettsumbildung vor und bot seinen Landsleuten einen umfassenden Dialog an. Bislang haben diese Maßnahmen aber nicht zu einer Beruhigung der Lage geführt.