"Synodaler Weg": Marx und Sternberg schreiben den deutschen Katholiken
Die Präsidenten des "synodalen Wegs", Kardinal Reinhard Marx und Thomas Sternberg, haben sich in einem gemeinsamen Brief an alle Katholiken in Deutschland gewandt. "Wir bitten Sie, den 'synodalen Weg' durch Ihre Stellungnahme und Ihr Gebet mitzutragen", schreiben der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). Das am Mittwoch vorab veröffentlichte Schreiben ist auf den ersten Advent (1. Dezember) datiert.
Marx und Sternberg baten die Gläubigen, sich online an den Fragen und Diskussionen zu den vier Foren des Reformprozesses zu beteiligen. Damit seien nicht nur engagierte Katholiken gemeint: "Wir laden auch diejenigen unter Ihnen ein, die Schwierigkeiten mit dem Glauben und der Kirche haben, die Vertrauen verloren haben oder als Suchende unterwegs sind", schreiben sie. Die offizielle Internetseite www.synodalerweg.de geht ebenfalls am ersten Advent online.
Gemeinsam wolle man nach Wegen suchen, wie die Kirche heute den Menschen, der Welt und Gott dienen könne, heißt es weiter. "Den Glauben neu verkünden zu wollen, verlangt von uns, dass wir das Gespräch besonders über Themen führen, die der Verkündigung im Wege stehen, wenn sie nicht geklärt werden." Der Reformprozess solle ein Weg der Umkehr und der Erneuerung sein. Selbstkritisch müsse man feststellen: "Die Botschaft des Evangeliums wurde verdunkelt, ja sogar aufs Schrecklichste beschädigt. Wir denken dabei besonders an den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen", schreiben Marx und Sternberg. Daraus müsse man Konsequenzen ziehen und dafür sorgen, dass die Kirche ein sicherer Ort ist.
Synodalkerzen brennen am ersten Advent
In ihrem Brief beziehen sich Marx und Sternberg auch auf das am 29. Juni veröffentlichte Schreiben von Papst Franziskus "an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland". Der Papst habe die Katholiken dazu ermutigt, die geistliche Dimension des "synodalen Wegs" mit den strukturellen Herausforderungen zu verbinden und nach einer Antwort auf die gegenwärtige Situation zu suchen. "Er hat uns aufgefordert, die Einheit der ganzen Kirche zu wahren und den synodalen Prozess von der Basis her zu gestalten", schreiben Marx und Sternberg.
Am ersten Advent beginnt der "synodale Weg" der Kirche in Deutschland offiziell. Im Münchner Liebfrauendom entzünden Kardinal Reinhard Marx und die Vizepräsidentin des ZdK, Karin Kortmann, gemeinsam eine Synodalkerze. Auch in anderen Domkirchen in Deutschland werden an diesem Tag entsprechende Kerzen entzündet. Für die Gemeindegottesdienste gibt es bereits ein Gebet für den "synodalen Weg" und zusätzlich Fürbitten und Liedvorschläge auf den Internetseiten der DBK und des ZdK. Auch die offizielle Facebook-Seite des "synodalen Wegs" ist bereits online. (cbr)
Der Brief im Wortlaut
Liebe Schwestern und Brüder,
die Freude des Evangeliums in Wort und Tat zu vermitteln, Christus zu bezeugen und Gott zu loben und zu danken, ist Aufgabe des Volkes Gottes. Sie ist allen Getauften übertragen: Gemeinsam sind wir Kirche.
Papst Franziskus fordert uns auf, eine synodale Kirche zu werden - unseren Weg gemeinsam zu gehen. Dazu dient der Synodale Weg der Kirche in Deutschland, den wir als Bischöfe der Deutschen Bischofskonferenz und als Vertreter der aktiven Laien im Zentralkomitee der deutschen Katholiken mit vielen Katholiken, mit Ordensleuten, Priestern und insbesondere jungen Menschen in den kommenden zwei Jahren gehen wollen.
Er soll auch ein Weg der Umkehr und der Erneuerung sein, der dazu dient, einen Aufbruch im Lichte des Evangeliums zu wagen und dabei über die Bedeutung von Glaube und Kirche in unserer Zeit zu sprechen und Antworten auf drängende Fragen der Kirche zu finden. Denn selbstkritisch müssen wir feststellen: Die Botschaft des Evangeliums wurde verdunkelt, ja sogar aufs Schrecklichste beschädigt. Wir denken dabei besonders an den sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen. Wir müssen Konsequenzen daraus ziehen und dafür sorgen, dass die Kirche ein sicherer Ort ist.
Gemeinsam wollen wir den Weg suchen, wie wir als Kirche heute den Menschen, der Welt und Gott dienen können, wie wir „die Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ teilen können, wie es das Zweite Vatikanische Konzil vor über 50 Jahren ausgedrückt hat (Gaudium et spes 1). Den Glauben neu verkünden zu wollen, verlangt von uns, dass wir das Gespräch besonders über Themen führen, die der Verkündigung im Wege stehen, wenn sie nicht geklärt werden.
Heute, am ersten Advent, wenden wir uns mit der Einladung an Sie, diesen Synodalen Weg mitzugestalten. Wir wissen um das große Engagement, mit dem viele von Ihnen in Gemeinden, Verbänden, Initiativen und Werken, in Familie, Beruf und Ehrenamt ihren Glauben an Gott leben und die Botschaft Jesu Christi in die Welt tragen. Wir laden auch diejenigen unter Ihnen ein, die Schwierigkeiten mit dem Glauben und der Kirche haben, die Vertrauen verloren haben oder als Suchende unterwegs sind.
Wir laden ein, diesen Synodalen Weg in Freiheit und Vielfalt mitzugehen. Dabei setzen wir auf das Engagement aller, die sich für einen lebendigen Glauben in unserer Kirche engagieren. Als getaufte Frauen und Männer sind wir berufen, die „Güte und Menschenfreundlichkeit Gottes“ (Tit 3,4) in Wort und Tat zu verkündigen. Wir wollen auf dem Synodalen Weg die Voraussetzungen verbessern, diese Aufgabe glaubwürdig erfüllen zu können. Es ist ein offener Weg, der zu Beschlüssen und Voten an die jeweils zuständigen kirchlichen Verantwortlichen führen soll.
Papst Franziskus hat am 29. Juni 2019 einen Brief „an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ geschrieben. Er teilt mit uns die „Sorge um die Zukunft der Kirche in Deutschland“; er hat uns in der Absicht bestärkt, „nach einer freimütigen Antwort auf die gegenwärtige Situation“ zu suchen. Er hat uns aufgefordert, die Einheit der ganzen Kirche zu wahren und den synodalen Prozess von der Basis her zu gestalten. Er hat uns den „Primat der Evangelisierung“ ans Herz gelegt und dazu ermutigt, die geistliche Dimension des Synodalen Weges mit den strukturellen Herausforderungen zu verbinden.
Wir bitten Sie, den Synodalen Weg durch Ihre Stellungnahme und Ihr Gebet mitzutragen. Gehen Sie diesen Weg in Ihren Gemeinden vor Ort mit und begleiten Sie die Arbeit in der Synodalversammlung und den Synodalforen. Alle Informationen finden Sie unter www.synodalerweg.de. Die vier Synodalforen, in denen es konkret um Macht und Gewaltenteilung in der Kirche, Partnerschaft und Sexualität, die priesterliche Lebensform sowie die Rolle der Frau in unserer Kirche gehen soll, werden dort erläutert. Bitte beteiligen Sie sich im Internet an den dort gestellten Fragen und Diskussionen.
Nur in der Verbundenheit der Vielen, die in unterschiedlicher Form den Auftrag der Kirche befördern wollen, im Respekt voreinander und im Hinhören auf Gottes Wort werden eine Erneuerung des kirchlichen Lebens und eine Überwindung von Hindernissen gelingen. Nur gemeinsam sind wir Kirche, auch zusammen mit der Weltkirche! Nur gemeinsam können wir das Evangelium bezeugen! So kann es gelingen, um der Menschen willen überzeugend von dem zu sprechen, was und wer unser Leben trägt.
Wir stimmen uns heute, zu Beginn des Advents, auf den Synodalen Weg ein mit dem Gebet des Psalmisten:
Zeige mir, HERR, deine Wege, lehre mich deine Pfade!
Führe mich in deiner Treue und lehre mich;
denn Du bist der Gott meines Heils.
Auf dich hoffe ich den ganzen Tag.
(Ps 25,4-5).
Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen für einen gesegneten Advent! Die Präsidenten des Synodalen Weges
Reinhard Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Prof. Dr. Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken