Overbeck zur Zölibatspflicht: "Die alte Zeit ist wirklich vorbei"
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck plädiert für Alternativen zur Zölibatspflicht. In zehn Jahren gebe es viel zu wenig Priester, sagte er am Donnerstagabend im Sender WDR 5 bei einem Podium zum Thema Kirchenreformen. Jetzt schon habe die Diözese zu wenig Geistliche. Damit stelle sich die Frage: "Wie können wir den Ursprung zu Jesus Christus im Amt sichern?" Damit die Kirche fortlebe, sollten Priester mit Dispens auch heiraten können.
Nach den Worten Overbecks hat sich die ehelose Lebensform Jesu in den vergangenen Jahrhunderten bewährt. Zölibatär lebende Priester hätten viel Gutes getan. Doch inzwischen gebe es eine neue Kultur. In dieser hänge die Glaubwürdigkeit eines Geistlichen nicht mehr von der Lebensform ab, sondern von der Gesamtpersönlichkeit. "Die alte Zeit ist wirklich vorbei."
Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, nannte es wichtig, dass die Gemeinden Messen feiern können. Wenn es dafür nicht mehr genügend zölibatär lebende Priester gebe, müsse die Frage beantwortet werden, wer dies sonst machen könne.
"Initiative Pontifex" dagegen
Ursula Harter von der konservativen "Initiative Pontifex" wandte sich dagegen, unter einer langen Tradition einfach einen Schlussstrich zu setzen. Wenn es Scheitern gebe, müsse die Kirche einen neuen Anfang setzen. Der Buchautor Horst G. Herrmann warnte davor, dass der katholischen Kirche durch Reformen eine "Protestantisierung" drohe. Dem widersprach Sternberg; bei mehr Ökumene drohe doch keine Gefahr.
Overbeck verteidigte den von der Kirche in Deutschland geplanten Reformdialog Synodaler Weg über die Themen Sexualmoral, priesterliche Lebensform, Macht und die Rolle von Frauen in der Kirche. Der Missbrauchsskandal habe gezeigt, dass ganz bestimmte Strukturen zu den Vergehen und der Vertuschung der Taten beigetragen hätten. Er widersprach entschieden der Ansicht Harters, dass es sich nur um das Versagen einzelner Priester, Bischöfe und Laien gehandelt habe. "Wir müssen uns nicht nur als Einzelne bekehren, sondern als Gesamtheit", so Overbeck.
Kritisch äußerte sich Herrmann zur Protestbewegung Maria 2.0: "Im Moment haben wir es tatsächlich mit einer Sekte zu tun." Deren Petition an Papst Franziskus mit Reformforderungen habe nur rund 40.000 Unterschriften bekommen, was angesichts von 23,5 Millionen Katholiken in Deutschland und einer großen medialen Unterstützung wenig sei. Dem hielt Sternberg entgegen, dass Maria 2.0 keine Sonderkirche darstelle. Die Frauen von Maria 2.0 gehörten zu den Menschen, die in ihrem Alltag vom Geheimnis Gottes erfahren hätten, ergänzte Overbeck. (KNA)