Mehr Transparenz
Damit dürfte das Leben für zwielichtige Gestalten aller Art, die illegale Euros über fromme Strohmänner im Schatten des Petersdomes unbemerkt von staatlichen Kontrolleuren waschen wollen, künftig deutlich schwieriger werden. Die im Dezember 2010 von Benedikt XVI. gegründete AIF überprüft alle Geldflüsse in den und aus dem Vatikan. Im Blickpunkt ist vor allem die Vatikanbank IOR , die nach eigenen Angaben sechs Milliarden Euro an Einlagen verwaltet.
Dass es die Finanzkontrolleure im Vatikan nicht nur mit Konten für fromme oder wohltätige Zwecke zu tun haben, sickerte zuletzt im Januar durch. Im Fall von sechs Konten soll die AIF wegen des Verdachts auf Geldwäsche Ermittlungen eingeleitet haben. Insgesamt würden 1.000 Konten des Instituts als "problematisch" eingeschätzt, hieß es.
Bankautomaten im Vatikan zeitweise abgeschaltet
Zuvor hatte die italienische Zentralbank im Januar vorübergehend die EC- und Kreditkarten-Terminals auf dem Gelände des Vatikanstaats abgeschaltet, offenbar weil der Vatikan aus ihrer Sicht internationalen Standards für Finanzgeschäfte nicht genügte. Der Vatikan musste schließlich von der Deutschen Bank Italien zu einem Schweizer Geldinstitut wechseln, das nicht der Aufsicht der italienischen Zentralbank unterliegt, um die Terminals wieder in Betrieb nehmen zu können.
Mit Rene Brülhart hat der Vatikan einen ausgewiesenen Anti-Geldwäsche-Fachmann von internationalem Renommee seit September zunächst als Berater und seit November als obersten Kontrolleur für seine Finanzgeschäfte angeheuert. Vor seinem Wechsel nach Rom leitete der Schweizer, dem seine Titulierung als " James Bond der Finanzwelt " nicht recht passen will, acht Jahre die liechtensteinische Meldestelle zur Bekämpfung von Geldwäsche FIU. Außerdem war der gebürtige Fribourger stellvertretender Vorsitzender der Egmont Group, dem Weltverband der Geldwäsche-Meldestellen. Einen Namen machte er sich unter anderem durch die Aufdeckung des Siemens-Korruptionsskandals im Jahr 2006.
Die vatikanischen Bemühungen um größere Transparenz begannen allerdings schon vor Brülhart. Im Dezember 2009 schlossen der Vatikanstaat und die EU-Kommission ein Währungsabkommen: Darin erhielt der Vatikanstaat die Erlaubnis, die doppelte Geldmenge an eigenen Euro-Münzen zu prägen. Unter zwei Bedingungen: eine Hälfte davon muss anders als bisher in den freien Handel gelangen - und der Vatikanstaat muss seine Finanzgeschäfte künftig nach europäischen Transparenz-Standards abwickeln.
Der Druck auf den Vatikan erhöhte sich weiter, als die italienische Staatsanwaltschaft im September 2010 Ermittlungen gegen den damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden des IOR, Ettore Gotti Tedeschi, und einen weiteren leitenden IOR-Mitarbeiter einleitete, weil sie EU-Bestimmungen gegen Geldwäsche verletzt haben sollen. Zugleich sperrte die Staatsanwaltschaft vorübergehend 23 Millionen auf einem IOR-Konto bei einer italienischen Bank.
Lob und Kritik von Anti-Geldwäsche-Fachleuten
Internationale Anti-Geldwäsche-Fachleute bescheinigten dem Vatikan im Juli Fortschritte. Eine Begutachtung des Europarats-Komitees Moneyval kam zu dem Ergebnis, dass der Vatikan neun von 16 Schlüsselkriterien größtenteils oder vollständig erfüllt. Er lag damit im Mittelfeld der rund 30 bislang geprüften Staaten. Allerdings beanstandeten die Experten mangelnde Unabhängigkeit und unzureichende Kompetenzen der vatikanischen Finanzaufsicht. In einem Punkt ist mittlerweile Abhilfe geschaffen worden. Der Präsident der AIF, Kardinal Attilio Nicora, sitzt seit Februar nicht mehr im Aufsichtsrat des IOR. Im Dezember folgt schließlich der Übung zweiter Teil: Dann will auch die Vatikanbank IOR erstmals einen Jahresbericht veröffentlichen.
Von Thomas Jansen (KNA)