Reformdebatte im Zentrum vieler Predigten

Bischöfe blicken in Neujahrsbotschaften auf "synodalen Weg"

Veröffentlicht am 01.01.2020 um 10:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Die große Mehrheit der bischöflichen Predigten zu Silvester hat den "synodalen Weg" thematisiert. So riefen etwa Essens Bischof Franz-Josef Overbeck und Hamburgs Erzbischof Stefan Heße zu einer breiten Beteiligung an dem Prozess auf.

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Die Neujahrsbotschaften der katholischen Bischöfe in Deutschland richten sich in diesem Jahr vor allem auf die Reformdebatte zur Zukunft ihrer Kirche. Die große Mehrheit der Predigten zu Silvester thematisierten den sogenannten "synodalen Weg". So riefen Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck und Hamburgs Erzbischof Stefan Heße zu einer breiten Beteiligung daran auf. Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf warnte vor Schwarzmalerei und Münsters Bischof Felix Genn appellierte, dem Reformdialog eine echte Chance zu geben.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing äußerte sich in diesem Zusammenhang kritisch dazu, dass Frauen in der katholischen Kirche von Weiheämtern ausgeschlossen sind. Er müsse "als Bischof ernst nehmen, dass der Ausschluss der Frauen von Weiheämtern als grundlegend ungerecht und unangemessen wahrgenommen wird in einer gesellschaftlichen Umgebung, die Frauen und Männer lange schon in ihren Rechten gleichstellt", sagte Bätzing.

Der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz, Trierers Bischof Stephan Ackermann, sieht die katholische Kirche in einem grundlegenden Wandel. Die "Umbruchsituation" treffe "mit spürbarer Wucht jeden engagierten Katholiken in seinem alltäglichen Kirchenerleben". Die Kirche sei stärker zu einer "Freiwilligkeitsgemeinschaft" geworden, die auf "die Initiative ihrer einzelnen Glieder angewiesen" sei. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber mahnte, keine Macher-Mentalität an den Tag zu legen. "Nicht wir machen Kirche", betonte er. Vielmehr müsse man sich als Kirche dem Wirken Gottes "zur Verfügung" stellen. Das habe nichts mit Rückzug in die Passivität zu tun.

Marx: Geht das neue Jahrzehnt mit Fantasie an

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx rief zu einem neuen Denken, jenseits aller Schablonen, in Kirche und Gesellschaft auf. "Geht das neue Jahrzehnt mit Fantasie an", ermutigte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Er wisse durchaus, wie groß die Probleme des vergangenen Jahrzehnts gewesen seien, und sie würden künftig nicht kleiner werden. Doch Christen sollten ein Zeugnis der Hoffnung ablegen, "dass wir mit Gott trotz oder gerade wegen dieser Herausforderungen in die Zukunft gehen".

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki warnte in seiner Predigt im Kölner Dom mit Blick auf den "synodalen Weg" vor einem Alleingang der katholischen Kirche in Deutschland. Die Kirche in Deutschland wolle sich "auf einen sogenannten 'synodalen Weg' begeben und dabei auch sogenannte Reformen anstoßen", sagte er. Mancher erhoffe sich dabei "einen Bruch mit der bisher gültigen Lehre und dem Glauben der Kirche". Papst Franziskus aber habe deutlich gemacht, "dass wir niemals als einzelner Christ, als einzeln Isolierte oder gar als Nationalkirche voranschreiten können, sondern immer nur in Gemeinschaft der weltweiten Kirche", so der Kardinal. Dabei stünden für ihn im Zentrum nicht "irgendwelche kirchenpolitischen Fragen", sondern einzig der Primat der Evangelisierung. Alles kirchliche Handeln könne für ihn nur unter diesem Aspekt gesehen werden.

Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick erinnert unterdessen zu Silvester daran, dass Frieden nicht vom Himmel falle. Er werde geschenkt und sei eine Gnade, die auf der Erde immer wieder neu ausgebreitet und bewahrt werden müsse. Die Welt sei indes gewaltbelastet. Kriege und Bürgerkriege nähmen zu, so der deutsche Weltkirche-Bischof.

Bedford-Strohm ruft zu Gottvertrauen auf

Die Zukunft der katholischen Kirche ist nach Worten von Bischof Ulrich Neymeyr ungewiss. Ein engagierter Thüringer Katholik habe ihm vor Kurzem gesagt, "das derzeitige Verhalten der Bischöfe erinnere ihn an das Verhalten des Politbüros in den letzten Monaten der DDR", berichtete der Erfurter Bischof. An den beginnenden bundesweiten katholischen Reformprozess knüpften sich "große Hoffnungen, aber auch große Befürchtungen".

Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke erinnerte an die Notwendigkeit einer Erneuerung in Kirche und Gesellschaft. Zum Synodalen Weg erklärte er, dass sich geistliche Erneuerung und Veränderung der Kirchengestalt nicht voneinander trennen ließen. Auch wenn eine Reform zugleich die Strukturen betreffe, so habe in diesem Prozess die Kirche als Gemeinschaft auf die Tradition und die weltweite kirchliche Einheit zu blicken. Osnabrücks Bischof Franz-Josef Bode wünscht sich eine Umkehr der katholischen Kirche in Deutschland zurück zu den Ursprüngen. Dabei könne er sich auch eine stärkere Beteiligung von Frauen und Priester mit Familie vorstellen. Die Kirche müsse wieder stärker dorthin gehen, wo die Menschen leben, lieben und leiden.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, rief zum Jahreswechsel dazu auf, getrost auf Gott zu vertrauen. Es gebe viele, die nicht glauben könnten, die aber Sympathie für das Christentum hätten, sagte der bayerische Landesbischof. Sie seien froh, dass es die Kirche gebe, und sie wünschten ihren Kindern, diesen innerlichen Anker für sich entwickeln zu können. (stz/KNA)

01.01.2020, 11:30 Uhr: ergänzt um Aussagen von Kardinal Woelki

01.01.2020, 14:30 Uhr: ergänzt um Aussagen der Bischöfe Bode, Hanke und Neymeyr