Bischof Wiesemann nennt Flüchtlingspolitik Europas "Skandal"
Mit Aufrufen zu Menschlichkeit beim Thema Migration ist am Sonntag die Gebetswoche für die Einheit der Christen eröffnet worden. Beim zentralen Gottesdienst in Hannover kamen als Symbole unter anderem ein Rettungsboot und beschriftete Rettungswesten zum Einsatz. Im Mittelpunkt der Feier standen das Schicksal von Menschen auf der Flucht und das Thema Migration.
Weltweit wird die Gebetswoche vom Ökumenischen Rat der Kirchen und dem Päpstlichen Rat zur Förderung der Einheit der Christen getragen. In Deutschland wird sie von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) verantwortet, der 17 Kirchen als Mitglieder und weitere acht Gemeinschaften als Gäste angehören.
Menschenliebe mehr als humanitäre Pflicht
In seiner Predigt rief der ACK-Vorsitzende Erzpriester Radu Constantin Miron zu uneingeschränkter Mitmenschlichkeit gegenüber Flüchtlingen auf. Nach christlicher Überzeugung sei jeder nach dem Bild Gottes geschaffen, und jeder besitze einen einmaligen Wert. Menschenliebe sei mehr als nur eine humanitäre Pflicht, sondern für einen Christen "uneingeschränkter Bestandteil seiner Existenz" und nicht verhandelbar, so der griechisch-orthodoxe Erzpriester.
An der Feier nahmen Vertreter aus Kirchen, Politik und Gesellschaft teil, darunter der Hildesheimer Weihbischof Nikolaus Schwerdtfeger und die evangelische Regionalbischöfin Petra Bahr. Die Gebetswoche dauert bis zum 25. Januar. Sie steht diesmal unter dem Motto "Sie waren uns gegenüber ungewöhnlich freundlich" aus der biblischen Apostelgeschichte. Christen aus Malta haben die Texte vorbereitet.
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann nannte es in einem Gottesdienst in Zweibrücken einen Skandal, dass Europa tatenlos zusehe, wie afrikanische Flüchtlinge an der libyschen Küste erpresst und gefoltert sowie als Arbeitssklaven verkauft oder getötet würden. Mitgliedsstaaten der Europäischen Union stellten nach wie vor nationale Eigeninteressen über den Schutz verfolgter und hilfloser Menschen und verwehrten Flüchtlingsbooten die Einfahrt in ihre Häfen. (gho/KNA)