Öffentlich-rechtliches Fernsehen
Insofern entsenden die Kirchen als gesellschaftlich relevante Gruppen nicht nur Vertreter in die jeweiligen Rundfunkgremien, sondern ihnen "sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten" zur Erfüllung ihres religiösen Auftrages, bezogen auf die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und sonstiger religiöser Sendungen, einzuräumen. Äußerlich sind diese Sendungen dadurch gekennzeichnet, dass sie sich als direkte Verkündigung verstehen und demnach prinzipiell nicht in der Verantwortung der jeweiligen Rundfunkanstalt stehen, sondern in der der Kirchen. Diese rundfunkstaatsvertraglich abgesicherte Zugangskonstellation, in deren Zusammenhang man auch vom sogenannten Drittsenderecht der Kirchen spricht (eigenverantwortliche Sendungen Dritter!), stellt für die Verkündigung der Kirche im öffentlich-rechtlichen Rundfunksystem – gerade auch mit Blick auf andere Systeme weltweit – ein nicht zu unterschätzendes Privileg dar. Wenn dieser Umstand jedoch mitunter vonseiten des einen oder anderen öffentlich-rechtlichen Verantwortungsträgers als Goodwill-Geste gegenüber den Kirchen gesehen wird, ist dies Ausdruck einer Haltung, die den Grundgedanken des öffentlich-rechtlichen als solidarfinanziertes System ebenso verkennt wie den Grundversorgungsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems
„Insofern entsenden die Kirchen als gesellschaftlich relevante Gruppen nicht nur Vertreter in die jeweiligen Rundfunkgremien, sondern ihnen 'sind auf Wunsch angemessene Sendezeiten' zur Erfüllung ihres religiösen Auftrages, bezogen auf die Übertragung gottesdienstlicher Handlungen und sonstiger religiöser Sendungen, einzuräumen.“
Dass dieser mitunter vor dem Hintergrund eines für Normalzuschauer nicht nachvollziehbaren Quotendrucks, unter den sich die öffentlich-rechtlichen Sender stellen, aus kirchlicher Sicht und ihrer legitimen Interessen auf der Strecke bleibt, wird dann deutlich, wenn man die seit Jahren im Fernsehen wie zementiert zugewiesenen Programmplätze für Religion und Glaube in den Blick nimmt. Eher einem Pflichtprogramm gleichkommend, überträgt die ARD an kirchlichen Hochfesten einen 60-minütigen Gottesdienst. Beim ZDF wird jeden Sonntag für 45 Minuten konfessionell alternierend zwischen der evangelischen und katholischen Kirche zum Fernsehgottesdienst eingeladen. Vorgeschaltet ist diesen Übertragungen eine 15-minütige redaktionelle Sendung mit dem Titel "sonntags". Hinzu kommen im Jahr wenige sogenannte Anlassgottesdienste, die mal ökumenisch, mal konfessionsbezogen im jeweiligen Einzelfall zwischen Kirchen und Sendeanstalten ausgehandelt werden müssen.
„In einer durch Medien weitgehend bestimmten Gesellschaft fehlt es an einer längst überfälligen Neujustierung im Sinne einer Verhältnisbestimmung von einerseits medialer Kultur und Religion und andererseits der hier anstehenden integrativen Aufgaben von Kirche und öffentlich-rechtlichem Rundfunk.“
Seit nunmehr sechzig Jahren richtet sich die zweitälteste Fernsehsendung nach der Tagesschau, "Das Wort zum Sonntag" mit dem Anspruch, in knapp vier Minuten am späten Samstagabend Kontinuum kirchlicher Verkündigung sein zu wollen, an seine Zuschauer. In seinen gelingenden Stücken ist dieses Format notwendige Zeitansage und behauptet dem Religiösen im Sinne einer produktiven Unterbrechung in einem säkularen Umfeld verlässlich einen Platz. Sieht man einmal von diesen kirchlich verantworteten Formaten in den Hauptkanälen von ARD und ZDF ab, können Themen um Glaube, Kirche und Christentum in redaktionellen Sendungen wie "Gott und die Welt" (ARD) oder in der Reihe "37 Grad" Niederschlag finden.
Es erscheint müßig, die seit Jahrzehnten zwischen Kirchen und Sendeanstalten diskutierte Frage der Quantität von religiösen Programmen und ihrer Programmplätze und die seit Jahren stagnierende Entwicklung neuer religiöser Formate sowohl auf der arbeits- wie auf der politischen Ebene weiter zu diskutieren, da die grundlegenden Voraussetzungen hierzu fehlen. In einer durch Medien weitgehend bestimmten Gesellschaft fehlt es an einer längst überfälligen Neujustierung im Sinne einer Verhältnisbestimmung von einerseits medialer Kultur und Religion und andererseits der hier anstehenden integrativen Aufgaben von Kirche und öffentlichrechtlichem Rundfunk.