Nach entsprechender Forderung des Handelsverbandes

Katholische Verbände strikt gegen mehr verkaufsoffene Sonntage

Veröffentlicht am 03.02.2020 um 14:44 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Mit einer Grundgesetzänderung will der Handelsverband Deutschland mehr verkaufsoffene Sonntage ermöglichen. Diese Forderung stößt in der katholischen Kirche allerdings auf keine Gegenliebe. Mehrere katholische Verbände äußerten am Montag scharfe Kritik an den Plänen.

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Katholische Verbände haben scharfe Kritik an einer möglichen Grundgesetzänderung für mehr verkaufsoffene Sonntage geübt. "Es muss auch weiter einen Tag in der Woche geben, in der sämtliche Familienmitglieder ungehindert zusammenkommen können, ohne die Verpflichtung zur Erwerbsarbeit, ohne Stress, Hektik und Zeitnot", erklärte der Präsident des Familienbunds der Katholiken, Ulrich Hoffmann, am Montag in Berlin. Der Handelsverbands Deutschland (HDE) hatte jüngst argumentiert, dass Menschen massenhaft in die Innenstädte strömten, wenn die Geschäfte am Sonntag geöffnet seien, und deshalb eine Änderung des Grundgesetzes gefordert.

Wer Eltern und Kindern durch den Vormarsch einer weiteren Ökonomisierung der Gesellschaft die gemeinsame Zeit raube, bedrohe den Kern von Familie, die wesentlich von gemeinsamer Zeit und der Entwicklung von Bindungen lebe, so Hoffmann. "Der tägliche und gelassene Austausch zwischen Eltern und Kinder ist durch nichts zu ersetzen. Eine Gesellschaft im Stress ist der größte Killer von Empathie und Zuwendung."

"Wochenend- und Schichtarbeit sind eine große Belastung"

Der Präsident des Familienbunds erinnerte zudem daran, dass bereits heute viele Eltern in Berufen arbeiteten, in denen Wochenend- und Schichtarbeit die Regel seien: "Wochenend- und Schichtarbeit sind eine große Belastung, sowohl für Kinder, die ihre Eltern nur noch selten zu Gesicht bekommen, als auch für Eltern, die kaum noch Gelegenheit haben, ihren Kinder Aufmerksamkeit und Zuwendung zu schenken." Durch die Aufweichung des Sonntagsschutzes dürften nicht noch mehr Menschen zu Arbeit gezwungen werden, die über die reguläre Arbeitswoche hinausreiche. Wer den Sonntagsschutz aufweichen wolle, lege die Axt an die Basis der Familie. "Das kann niemand ernsthaft wollen, dem Kinder und Familien, Menschen und unsere Gesellschaft am Herzen liegen", so Hoffmann.

Linktipp: Ein Dauerbrenner

Wie viel ist der freie Sonntag wert? Darüber gibt es seit Jahrzehnten Streit. Der Handel fühlt sich durch mehrere Urteile gebremst, die Ladenöffnungen an Sonntagen untersagten. Dagegen will er nun vorgehen. (Artikel von Mai 2017)

Ähnlich äußerte sich auch der Bund Katholischer Unternehmer (BKU). "Die vom Handelsverband Deutschland geforderte Grundgesetzänderung, um verkaufsoffene Sonntage in Zukunft leichter zu ermöglichen, beschränkt Menschen in ihrer Freiheit, zumindest am Sonntag einmal die Dinge zu tun, die im Alltag nicht immer möglich sind. Das gilt im weltlichen, wie im religiösen Sinn", so der BKU-Vorsitzende Ulrich Hemel. Er sprach sich dafür aus, dass auch in Zeiten digitaler Transformation alle Menschen einen gemeinsamen Ruhetag verdient hätten. Das entspreche dem aus der Christlichen Soziallehre stammenden Personalitätsprinzip, das den Menschen als freies Individuum und nicht als Objekt ökonomischer Verfügbarkeit sehe.

HDE-Präsident: Die Zeiten haben sich geändert und die Menschen auch

HDE-Präsident Josef Sanktjohanser hatte sich am Freitag in der Tageszeitung "Die Welt" für eine Änderung des Grundgesetzes ausgesprochen, um die noch aus den Zeiten der Weimarer Republik stammenden Vorschriften zum Sonntagsschutz zu ändern. Die Zeiten hätten sich geändert und die Menschen auch. Zwar sperre sich der Handel nicht gegen Vorgaben. "Bislang aber wird teils nach ideologischen Maßstäben gehandelt. Und das treibt den Niedergang der Innenstädte noch weiter voran. Profiteur ist dann am Ende allein der Onlinehandel", so Sanktjohanser.

Im Zuge der weitgehenden Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in Deutschland in den vergangenen Jahren wurde immer wieder auch über mehr verkaufsoffene Sonntage diskutiert. Da die Ladenöffnungszeiten in die Kompetenz der Bundesländer fallen, sind die Regelungen in den 16 Ländern nicht einheitlich. Generell sind Geschäfte an Sonn- und Feiertagen jedoch geschlossen zu halten, in einigen Bundesländern auch nachts. Dabei gelten jedoch Ausnahmen für bestimmte Arten von Geschäften, für bestimmte Orte und bei besonderen Anlässen: Beispielsweise für Apotheken, Bäckereien, Tankstellen oder Geschäfte für touristischen Bedarf, an Bahnhöfen, Flughäfen, in Kur- und Erholungsorten sowie bei Stadtfesten und anderen lokalen Events. (stz)