Wie klösterliche Hostienbäckereien den Glaubensschwund spüren
Ein Satz in der Erklärung der Schweizer Bischofskonferenz vom 5. Dezember ließ aufhorchen: "Seit einiger Zeit versuchen weltliche und ausländische Firmen, auf dem Schweizer Hostienmarkt Fuß zu fassen, indem sie die hier bestehenden Preise unterlaufen." Es folgte die bischöfliche Empfehlung, die Hostien bei Schweizer Ordensgemeinschaften zu beziehen.
Zwölf Frauenklöster in der Schweiz sind heute noch in der Hostienproduktion tätig. Dabei handelt es sich um kontemplative Gemeinschaften wie Benediktinerinnen, Kapuzinerinnen, Dominikanerinnen und Zisterzienserinnen, die auf einen Broterwerb innerhalb der Klostermauern angewiesen sind.
Hostien aus Klöstern im Ausland sind oft zwei Drittel billiger
"Wir leben von der Produktion und dem Verkauf von Hostien. Könnten wir keine Hostien mehr herstellen, gäbe es bei uns nur noch Brot und Wasser", sagt Schwester Dominique Leuenberger (63) dem Schweizer Portal kath.ch. Die Priorin des Dominikanerinnenklosters Maria Zuflucht in Weesen (Kanton Sankt Gallen) ist im Vorstand der Vereinigung der Oberinnen der kontemplativen Orden der Schweiz (Vokos) für das Thema "Hostien" zuständig. Auch das Kapuzinerinnenkloster Sankt Anna in Luzern lebt nach Angaben von Oberin Maria Nicola Schmucki hauptsächlich von der Hostienherstellung.
Klöster in Italien können Hostien zehnmal billiger anbieten, weiß Leuenberger. Dabei handle es sich allerdings um eine fabrikmäßige Herstellung auf größeren Produktionsanlagen. "Dort werden die weißen Hostien nicht einzeln ausgestanzt wie bei uns, sondern gleich 50 aufs Mal", so die Priorin. Auch in Deutschland und Österreich werde billiger produziert. "Hostien aus klösterlicher Produktion kosten dort zwei Drittel weniger."
Trotz allem scheint Konkurrenz aus dem Ausland, seien es nun weltliche Produzenten oder Klöster, zurzeit für die meisten Hostienbäckereien in der Deutschschweiz kein echtes Problem zu sein. Die Schweizer Bischofskonferenz kann auf Anfrage keine Namen konkreter ausländischer Konkurrenten nennen. Auch den Vorsteherinnen der Gemeinschaften in Luzern und Weesen geht es so.
"Ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Kunde ankündigte, er gehe nun zur Konkurrenz", sagt Oberin Schmucki. Bislang habe man keinen einzigen Großkunden verloren. "Wir selber nehmen keine Konkurrenz wahr", sagt auch Priorin Leuenberger. "Es gibt aber ein bis zwei Klöster in der Deutschschweiz, die große Angst vor ausländischer Konkurrenz haben. Ob diese Angst berechtigt ist, kann ich nicht beurteilen."
Bischöfe haben Pfarreien sensibilisiert
Um welche Klöster es sich handelt, will Leuenberger nicht verraten. Vom Benediktinerinnenkloster Sankt Martin im aargauischen Hermetschwil berichtete die "Luzerner Zeitung" (21. Dezember), es spüre die ausländische Konkurrenz. Auf Nachfrage will das Kloster keine Auskunft geben.
Eine Umfrage von kath.ch in rund 50 Pfarreien in verschiedenen Kantonen ergab, dass alle Befragten ihre Hostien bei einem Schweizer Kloster beziehen. Dies könnte auch der bischöflichen Unterstützung zu verdanken sein. "In den letzten Jahren haben die Bischöfe die Pfarreien sensibilisiert. Und das funktioniert sehr gut", stellt Leuenberger fest. Bereits 2011 rief die Schweizer Bischofskonferenz die Pfarreien auf, die Hostien weiterhin bei hiesigen Ordensgemeinschaften einzukaufen – und schon damals warnte sie vor weltlichen Hostienproduzenten.
Wann wird die Hostie zum Leib Christi?
In Gestalt von Brot und Wein ist Leib und Blut Jesu in der Eucharistie wahrhaftig anwesend. Doch ab wann eigentlich? Allein das Aussprechen der Wandlungsworte durch den Priester reicht nicht aus.Dennoch verzeichnen alle Kloster-Bäckereien eine sinkende Nachfrage, sagt Priorin Leuenberger. Bislang sei der Rückgang noch zu verkraften, da die meisten Klöster noch andere kleinere Einnahmequellen hätten. Bei ihrem Kloster ging der Absatz der braunen Brothostien seit den 90er Jahren um etwa fünf Prozent zurück; zugleich legte das Kloster in Weesen bei den weißen Hostien mit Prägung um zehn Prozent zu.
Auch Oberin Schmucki vom Kloster Sankt Anna in Luzern spricht von einem schleichenden Rückgang, der vor etwa 20 Jahren einsetzte. "Früher backten wir zwei bis drei Mal pro Woche. Heute nur noch ein Mal."
Rückgang des Gottesdienstbesuchs ist Hauptursache
Hauptursache dafür ist aus Sicht der beiden Ordensfrauen der Rückgang des Gottesdienstbesuches. "Die Leute gehen nicht mehr so zahlreich zur Eucharistie. Auch die Kinder fehlen im Gottesdienst", sagt Schmucki. Ein weiterer Grund seien die größeren Seelsorgeeinheiten, erklärt Leuenberger.
"Wenn Gottesdienste zu unregelmäßigen Zeiten oder an wechselnden Orten angeboten werden, besuchen manche den Gottesdienst gar nicht mehr", so die Priorin. Sie habe aber auch den Eindruck, dass sich die Menschen heute grundsätzlich "der Kostbarkeit der Eucharistiefeier" nicht mehr so bewusst seien. "Wenn mir die Eucharistie wirklich etwas bedeutet, fahre ich mit dem Auto zum Ort, wo der Gottesdienst stattfindet."