Der "gravierendste Ausdruck" einer menschenfeindlichen Machtausübung

Bischof Timmerevers verurteilt Machtmissbrauch in Kirche

Veröffentlicht am 20.02.2020 um 15:55 Uhr – Lesedauer: 

Dresden ‐ Deutliche Worte vom Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers: Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter sei der "gravierendste Ausdruck" einer menschenfeindlichen Machtausübung. In der Kirche gebe es "offenbar eine hohe Anfälligkeit" für sexuellen Missbrauch.

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Der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers hat die katholische Kirche zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit sexuellem Missbrauch aufgerufen. Missbrauch durch Kirchenmitarbeiter sei der "gravierendste Ausdruck" einer menschenfeindlichen Machtausübung, betonte Timmerevers am Donnerstag in Dresden. Bei einer Veranstaltung unter dem Titel "Macht. Verführung und Missbrauch entkommen" räumte er ein, dass es in der Kirche "offenbar eine hohe Anfälligkeit" für sexuellen Missbrauch gebe.

Timmerevers erklärte, er unterstütze den begonnen Reformdialog der katholischen Kirche in Deutschland "ausdrücklich", der unter anderem diese Themen bearbeite. Mit Blick auf den Synodalen Weg sei er "nicht ängstlich", sondern vertraue darauf, dass er auch in der katholischen Kirche "immer mehr Realität" werde. Aufgabe der ganzen Kirche sei, "weiter zu ergründen, welche Rahmenbedingungen und Muster Machtmissbrauch begünstigen".

"Entsetzen und Scham"

Der Bischof von Dresden-Meißen äußerte "Entsetzen und Scham", wie sehr die Kirche auf Missbrauch zuerst mit "Verharmlosung und Vertuschung" reagiert habe. Zugleich bekundete er Verständnis dafür, dass nicht nur bei den Opfern von Missbrauch durch Kirchenvertreter mit Blick auf den Stand der kirchlichen Aufarbeitung "die Ungeduld wächst". Ein Treffen mit Missbrauchsopfern habe ihn "verändert", so Timmerevers. Die Schilderungen ihrer Erlebnisse hätten ihn betroffen gemacht wie keine andere Begegnung zuvor.

Der Präsident des Zentrums für Kinderschutz an der Päpstlichen Universität Gregoriana, Hans Zollner, erklärte, die Vertuschung von sexuellem Missbrauch in ihren Reihen habe der katholischen Kirche in Ländern wie Australien, Irland und den USA fast jegliche Glaubwürdigkeit auch in anderen ethischen Fragen genommen. Wenn es der Kirche nicht gelinge, das Versagen im Umgang mit Missbrauch effektiv aufzuarbeiten und nachhaltige Präventionsmaßnahmen zu verankern, werde dies zu einer anhaltenden Lähmung der Kirche insgesamt führen. Eine erprobte Präventionsstrategie könne Missbrauch aber nachhaltig entgegenwirken, so der Jesuit, auch wenn es eine Illusion sei, solche Verbrechen ganz verhindern zu können. Veranstaltet wurde der Thementag von der Katholischen Akademie, dem Caritasverband und der Stabsstelle Prävention des Bistums Dresden-Meißen.

Ähnlich wie Timmerevers hatte sich auch der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer zum Thema Machtmissbrauch geäußert und einen radikalen Wandel in der Kirche gefordert. "Ich glaube, der Missbrauch von Macht steckt in der DNA der Kirche", sagte Wilmer Ende 2018 im Interview mit dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Man könne das nicht mehr als peripher abtun, sondern müsse radikal umdenken. "Bisher aber fehlt es uns an jeglicher Idee, welche Konsequenzen das für die Theologie haben muss", so Wilmer damals. (tmg/KNA)