Kapelle soll im Kanton Graubünden errichtet werden

Stararchitekten bauen erste Autobahnkirche der Schweiz

Veröffentlicht am 23.02.2020 um 10:55 Uhr – Lesedauer: 

Zürich ‐ Das Architekturbüro Herzog & de Meuron hat unter anderem die Elbphilharmonie in Hamburg und die Allianz-Arena in München gebaut – und wagt sich jetzt an eine Autobahnkapelle. Das Büro soll die erste Kapelle dieser Art in der Schweiz errichten.

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In Andeer im Kanton Graubünden soll bis 2023 die erste Autobahnkapelle der Schweiz entstehen. Unterstützt wird die Initiative an der Durchgangsroute in den Süden von der katholischen wie von der protestantischen Kirche, wie die "Neue Zürcher Zeitung" (Sonntag) berichtet. Die Wegkapelle solle gläubige wie auch nicht gläubige Reisende ansprechen. Bislang habe die Interessengemeinschaft zum Bau 15 Mitglieder, heiß es.

Das Architekturbüro Herzog & de Meuron mit Sitz in Basel wurde mit einem Entwurf beauftragt und hat sich dabei laut Bericht auf die menschlichen Sinne konzentriert. Diese seien im Alltag zu reizüberflutet, um Gedanken und Gefühle auf sich selbst zu lenken. Diese "getrübte Wahrnehmung" wollten die Architekten auffrischen. Die Zeitung berichtet, die Besucher würden wie bei einem Ohr von einem Außenraum nach innen geführt. Schräg gestellte Wände öffneten den Ort zum Himmel hin. Über eine Öffnung und eine Treppe gelange man nach unten in die Erde und folge einer Sequenz aus drei höhlenartigen, individuell ausgestalteten Kapellenräumen, die zu verschiedenen Tätigkeiten einladen; die Geräusche der Autobahn verlieren sich.

Der letzte Raum soll wieder Tageslicht einfallen lassen und sich auf die Landschaft öffnen. Deren Grün werde durch eine rote Glasscheibe komplementär verstärkt. Religion scheine "da auf, wo die Menschen ruhig und wach werden und ganz bei sich sein können", heißt es dort. Zu den Bauten von Herzog & de Meuron gehören die Elbphilharmonie in Hamburg, die Allianz-Arena in München und das Nationalstadion in Peking. Das Büro erhielt 2001 den Pritzker-Architektur-Preis, 2006 den British Design Award des Royal Institute of British Architects und 2007 die Große Nike des Bundes Deutscher Architekten (BDA).

Erste Autobahnkapelle, aber zweiter Ort der Besinnung

Der geplante Bau wird von den Initiatoren als "erste Autobahnkirche" angekündigt. In Erstfeld im Kanton Uri gibt es aber bereits seit 1998 einen bisweilen als "Autobahnkirche" oder "-kapelle" bezeichneten "Ort der Stille" an der Gotthard-Raststätte in Fahrtrichtung Nord. Entworfen wurde der würfelförmige Bau von der Zürcher Architektin Pascale Guignard. Gegenüber kath.ch erläuterte der Präsident des Stiftungsrat des Erstfelder Gebetsortes, dass von Beginn an klar gewesen sei, "dass das Projekt im Sinne der Ökumene geplant werden soll: für alle Religionen, für alle Reisende, für alle Rastenden."

Schon 1984 war dort eine Autobahnkirche geplant worden, die in den Felsen gebaut werden sollte. Unter anderem aus Kostengründen konnte das ursprünglich zum 700-jährigen Jubiläum der Eidgenossenschaft 1991 geplante Gebäude nicht realisiert werden. Im zweiten Anlauf entstand dann zum 150. Jahrestag des Schweizer Bundesstaats 1998 der Ort der Stille. (fxn/KNA)

Ergänzt am 24. 2. 2020, 10.10 Uhr: "Ort der Stille" in Erstfeld.