Äußerungen könnten zum Hass gegen Homosexuelle aufstacheln

Umstrittener Pastor Latzel wegen Volksverhetzung angeklagt

Veröffentlicht am 02.07.2020 um 13:34 Uhr – Lesedauer: 

Bremen ‐ Bei einem Ehe-Seminar habe sich Pastor Olaf Latzel in einer Weise geäußert, die den öffentlichen Frieden stören und zum Hass gegen homosexuelle Menschen aufstacheln könne: So begründet die Staatsanwaltschaft ihre Anklage wegen Volksverhetzung.

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Die Staatsanwaltschaft hat gegen den umstrittenen Pastor der evangelischen St.-Martini-Gemeinde in Bremen, Olaf Latzel (52), Anklage wegen Volksverhetzung erhoben. Bei einem Ehe-Seminar am 19. Oktober des vergangenen Jahres habe er sich in einer Weise geäußert, die den öffentlichen Frieden stören und zum Hass gegen homosexuelle Menschen aufstacheln könne, begründete der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Passade, am Donnerstag die Klage. Zugleich verletzten die Äußerungen die Menschenwürde. Schon jetzt darf Latzel nicht mehr auf die Kanzel.

Bereits im Mai hatte die Bremische Evangelische Kirche wegen der Worte von Latzel ein Disziplinarverfahren gegen den Pastor eröffne, das aber derzeit ruht. Das gilt auch nach der Anklageerhebung bis zu einem möglichen Urteil. Zunächst prüfe das Amtsgericht, ob ein Hauptverfahren eröffnet werde, sagte Gerichtssprecherin Cosima Freter dem epd. Dazu seien Latzel und sein Verteidiger um Stellungnahmen gebeten worden, die bis Mitte des Monats eingehen müssten. Falls es ein Verfahren gebe, rechne sie nicht vor dem letzten Quartal des Jahres mit einer Eröffnung.

Der konservative evangelische Theologe hatte im Verlauf des Seminars gesagt, Homosexualität stehe gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Er warnte vor einer "Homolobby": "Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch." Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur.

Keine Predigten oder Bibelstunden

Predigen und Bibelstunden abhalten darf Latzel offensichtlich schon jetzt nicht mehr. Es gebe eine entsprechende einstweilige Verfügung der Bremischen Evangelischen Kirche, sagte Kirchenvorstandsmitglied Michael Franke in einem Video, das die Martini-Gemeinde am Mittwoch online gestellt hatte. Dies sei ein "unbegreiflicher Vorgang", Kirchenvorstand und Gemeinde seien "tief betroffen". Latzel habe Predigtverbot, bestätigte ein weiterer Mitarbeiter der Gemeinde am Donnerstag dem epd. Der Kirchenvorstand wolle sich noch im Laufe des Donnerstags treffen, um die Lage zu besprechen und eine Erklärung für Sonntag vorzubereiten. Die Leitung der Bremischen Evangelischen Kirche wollte sich zunächst nicht zu den neuesten Entwicklungen und insbesondere zum Predigtverbot äußern. Für Freitag sei ein Dienstgespräch mit Pastor Latzel geplant, dem man nicht vorgreifen wolle.

Die Inhalte des Seminars waren über YouTube online gestellt worden und so für jedermann einsehbar. Mittlerweile ist die Aufnahme nicht mehr öffentlich. Der evangelikale Theologe ist in der Vergangenheit schon öfter in die Kritik geraten, unter anderem weil er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert hatte. Für bundesweite Schlagzeilen sorgten Latzel und die Gemeinde auch 2008, als sie einer Pastorin ihre Kanzel verwehrten, weil sie die Ordination von Frauen strikt ablehnen. Zuletzt hatte eine Online-Petition die Absetzung des Pastors gefordert. Eine weitere Petition unterstützt Latzel. Auch seine Gemeinde, der er seit 2007 vorsteht, steht hinter ihm und kritisierte das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren der evangelischen Kirchenführung. (tmg/epd)

2.7., 14:50 Uhr: Ergänzt um weitere Details.

Aktualisierung: Latzel beurlaubt

Der wegen Volksverhetzung angeklagte Bremer Pastor Olaf Latzel wird sein Amt in den kommenden Wochen zunächst nicht weiter ausüben. Vertreter der Kirchenleitung und Latzel selbst haben sich auf eine Beurlaubung vom 9. Juli an bis zum 24. August geeinigt, wie die Bremische Evangelische Kirche (BEK) am Freitag mitteilte. Mitte August soll es ein erneutes Dienstgespräch mit dem Pastor der Innenstadtgemeinde Sankt Martini geben. Bis dahin seien "alle denkbaren dienstrechtlichen Maßnahmen" ausgesetzt, hieß es. "Der Tatvorwurf und die Klage sind schwerwiegend", sagte Schriftführer Bernd Kuschnerus zur Begründung. Pastoren hätten eine Vorbildfunktion und Vertrauensposition. "Sie haben sich an geltendes Gesetz zu halten. Dass Äußerungen eines Pastors Anlass zu einer Anklage wegen Volksverhetzung gegeben haben, erschüttert mich zutiefst." Das bereits am 14. Mai eröffnete und für die Dauer des Strafverfahrens ausgesetzte kirchliches Disziplinarverfahren gegen Latzel bleibe bestehen, so die BEK. (tmg/KNA)