Nach Brand der Kathedrale von Nantes – Verdacht auf Brandstiftung

Orgelbauer: Orgeln fangen nicht ohne Weiteres an zu brennen

Veröffentlicht am 21.07.2020 um 17:14 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Bei dem Brand der Kathedrale von Nantes in Frankreich wurde die Orgel vollkommen zerstört. Brandanfällig seien die Instrumente aber eigentlich nicht, sagt der Bonner Orgelbauer Philipp Klais – und stimmt damit mit den Ermittlungen überein.

  • Teilen:

Laut dem Bonner Orgelbauer Philipp Klais können Orgeln nicht ohne Weiteres anfangen zu brennen. "Orgeln bestehen zwar zu einem erheblichen Teil aus Holz und können daher grundsätzlich brennen, jedoch sind sie dafür nicht leicht anfällig", sagte Klais katholisch.de am Dienstag. Er nahm damit Bezug auf den Großbrand in der Kathedrale von Nantes am Wochenende, bei dem die Orgel vollkommen zerstört wurde und stimmt damit mit den Ermittlungen überein, dass es sich um Brandstiftung handeln könnte.

"Wenn man selber versucht, ein Stück Holz anzuzünden, bedarf es doch größerer Mühen, bis es richtig brennt", so Klais weiter. Auch wenn das verwendete Holz oft alt sei, sei es nicht trocken. "Man sagt ja: Holz arbeitet. Auch wenn es geschlagen ist, nimmt es weiterhin Feuchtigkeit auf und gibt Feuchtigkeit ab. Es hat dann immer dieselben Feuchtigkeitswerte wie der umliegende Raum." Ohnehin seien insbesondere gotische Kirchen – wie die Kathedrale in Nantes – für die Sicherheit einer Orgel von Vorteil, da das Mauerwerk Feuchtigkeit speichere. "Das ist vielleicht anders bei der Kathedrale Notre Dame in Paris, die einen reinen Holzdachstuhl und wenig Mauerwerk im unmittelbaren Umfeld hatte. Jedoch auch in Paris war das Holz der Hauptorgel auf der Westempore nicht so beschaffen, dass es unmittelbar zu brennen begonnen hätte, die Orgel überlebte den Brand in der Kathedrale", erklärt der Orgelbauer.

Viele Orgeln – wenig Brände

Die für Orgelpfeifen verwendeten Zinnlegierungen stellten in diesem Zusammenhang ebenfalls keine Gefahr dar. "Sie brennen eigentlich gar nicht. Doch das Problem ist, dass sie bei hohen Temperaturen wie bei einem Brand flüssig werden und schmelzen." Auch Leder – oft ein weiteres in Orgeln verwendetes Material – könne nicht schnell brennen. Die in Orgeln untergebrachte Elektronik würde zwar einer gewissen Brandgefahr unterliegen, "aber da gibt es Sicherungssysteme und Regelungen, wie die Instrumente gewartet und gepflegt werden müssen, sodass da keine übermäßige Gefahr von ausgeht." Das zeige auch die Geschichte, so Klais. "Bedenkt man, wie viele Instrumente es allein in Deutschlands und Europas Kirchen gibt und wie wenig Brände es verhältnismäßig gibt, ist das ein Beleg in sich dafür, dass von Orgeln diese Gefahr nicht unmittelbar ausgeht." Gelegentlich würden Orgeln wegen ihrer massiven Größe als Lagerfläche benutzt. Doch achte jeder Orgelbauer darauf, dass die Instrumente "ordentlich gewartet und gepflegt werden – aus eigenem Interesse".

Brandstiftung ziehen die Ermittler in Nantes in Betracht, da das Feuer an drei unterschiedlichen Stellen ausgebrochen ist. "Davor ist kein Einrichtungsgegenstand einer Kirche oder eines öffentlichen Gebäudes geschützt – kein Holzalter und auch keine Orgel", erklärt Klais. (mpl)