Tadeusz Kondrusiewicz stellt sich offen hinter Demokratiebewegung

Erzbischof von Minsk: "Wir wollen ein neues Belarus"

Veröffentlicht am 17.08.2020 um 14:41 Uhr – Lesedauer: 

Minsk ‐ In Belarus demonstrieren immer mehr Menschen gegen Präsident Lukaschenko. Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz hat sich nun offen hinter die Protestierenden gestellt. Er spricht mit Blick auf die bisherige Politik von einer "Epidemie der Unwahrheit".

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Die katholische Kirche in Belarus stellt sich zunehmend hinter die Kritiker des autoritär regierenden Präsidenten Alexander Lukaschenko. Mit Blick auf die mutmaßliche Fälschung der Präsidentenwahl zu Gunsten Lukaschenkos, sprach der Minsker Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz laut dem Kirchenportal catholic.by (Montag) zuletzt von einer "Epidemie der Unwahrheit".

"Unsere Freiheit ist bedroht, unsere Heimat ist geteilt", betonte der Vorsitzende der Bischofskonferenz des Landes demnach am Sonntag bei einer Messe im Bistum Wizebsk im Norden von Belarus. "Wir wollen ein neues Belarus. Ein Belarus, das auf christlichen Werten beruht." Kondrusiewicz betete für die Einheit des belarussischen Volkes. Wahrheit sei notwendig, damit die Belarussen frei sein und ihre Zukunft gestalten könnten.

Erzbischof befürchtet "destruktive Spaltung unserer Gesellschaft"

In einem am Wochenende veröffentlichten offenen Brief an Lukaschenko hatte der Erzbischof zuvor die Polizeigewalt gegen Demonstranten verurteilt. Die "grausame Behandlung und die unmenschliche Inhaftierung" von Menschen, die an friedlichen Demonstrationen teilgenommen hätten, sei eine schwere Sünde. "All das führt zu Destabilisierung und zur destruktiven Spaltung unserer Gesellschaft", fügte er hinzu. Es werde vielleicht sogar mehr als eine Generation dauern, um die Wunden zu heilen, wenn ein Bruder seine Hand gegen seinen Bruder erhebe.

Seit der umstrittenen Wiederwahl Lukaschenkos kommt es bei Protesten in Belarus verstärkt zu gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Am Sonntag hatte sich auch Papst Franziskus offen hinter die Anliegen der Demokratiebewegung gestellt.

Zur Unterstützung des "Marsches der Freiheit" hatten am Sonntag die Glocken der Minsker Kathedrale geläutet. An der Demonstration sollen sich laut Schätzungen in der Hauptstadt mehr als 200.000 Menschen beteiligt haben. Zur katholischen Kirche bekennen sich etwa 15 Prozent der Belarussen. Die Mehrheit der Bürger des seit 1991 unabhängigen Landes sind orthodoxe Christen. Belarus gilt Beobachtern aufgrund der autoritären Politik Lukaschenkos als "letzte Diktatur Europas". (rom/KNA)