Ukrainischer Metropolit hatte Autokephalie der belarussischen Kirche vorgeschlagen

Lukaschenko weist mögliche Kirchentrennung von Moskau zurück

Veröffentlicht am 20.08.2020 um 13:20 Uhr – Lesedauer: 

Minsk/Kyiv ‐ Der Konflikt um die umstrittene Wiederwahl des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko nimmt auch eine kirchenpolitische Dimension an: Bisher gehört die orthodoxe Kirche zu Moskau – aus der Ukraine kommt der Vorschlag einer Abtrennung.

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Nach Äußerungen des ukrainischen Metropoliten Epifanij Dumenko zu einer möglichen Unabhängigkeit der belarussischen Kirche von Moskau gewinnt der Konflikt um die umstrittene Wiederwahl von Präsident Alexander Lukaschenko jetzt auch eine kirchenpolitische Dimension. Der Präsident ging laut Orthodox Times am Dienstag in einer Rede vor dem Nationalen Sicherheitsrat auf einen angeblichen Plan der Opposition ein, die belarussische Kirche vom Moskauer Patriarchat zu trennen.

Lukaschenko bezog sich damit auf eine Äußerung von Metropolit Epifanij, der in der vergangenen Woche auf Facebook die Situation in der Ukraine mit der in Belarus verglichen hatte. Die orthodoxe Kirche von Belarus habe wie die Ukraine das Recht, von der "Mutterkirche von Konstantinopel" einen Tomos zu erbeten, eine offizielle Bestätigung der Unabhängigkeit (Autokephalie). Die ukrainische Kirche könne nicht gleichgültig bleiben, wenn es um die "Zukunft des Volkes von Belarus" gehe und die "Unabhängigkeit des Staates, die Freiheit und Sicherheit der Bürger, deren Leben in Gefahr ist".

Lukaschenko sieht religiösen Frieden in Gefahr

Lukaschenko stellte daraufhin fest, dass die Opposition die russische Präsenz in Wirtschaft, Militär, Sprache und Kirche zurückdrängen wolle und eine autokephale belarussische Kirche in Opposition zum russisch-orthodoxen Exarchat im Land schaffen wolle. Der Präsident betonte die Tradition eines interreligiösen Friedens im Land: "weder Orthodoxe noch Katholiken haben einander gestört, Muslime und Juden leben hier glücklich miteinander", so Lukaschenko. Es bestehe die Gefahr, dass Belarus jetzt in eine interkonfessionelle Auseinandersetzung hineingezogen werde, deren Ziel es sei, "die Dinge auszuradieren, auf die wir stolz sind".

Gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Interfax nannte der Sprecher des unter Vorsitz von Patriarch Kyrill stehenden "Weltrats des russischen Volkes" den angeblichen Wunsch nach Autokephalie einen "teuflischen Trick" und eine "alte marxistisch-leninistische Taktik": "Der Zweck ist, auf allen Ebenen Spaltungen zu erzeugen".

Die Weißrussisch-Orthodoxe Kirche ist ein Exarchat des Moskauer Patriarchats mit Sitz in der Hauptstadt Minsk. Sowohl das Exarchat wie das russische Patriarchat hatten die offiziellen Wahlergebnisse der Präsidentenwahl wenige Stunden nach ihrer Verkündung anerkannt, während die römisch-katholische Kirche des Landes zunehmend auf Distanz zur Regierung geht. Bereits 2018 wurde anlässlich der Diskussion um eine Anerkennung einer autokephalen, von der russisch-orthodoxen Kirche unabhängigen Kirche der Ukraine über eine mögliche Unabhängigkeit der belarussischen Kirche von Moskau spekuliert. Die Orthodoxe Kirche der Ukraine wurde im Januar 2019 trotz scharfer Proteste Moskaus durch den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel als autokephal anerkannt. (fxn)