Pfarrer initiiert besonderes Projekt zur Bewahrung der Schöpfung

Sankt Bienenstich: Warum es in Thüringen jetzt Insektenkirchen gibt

Veröffentlicht am 06.09.2020 um 11:45 Uhr – Lesedauer: 

Ebeleben ‐ Insektenhotels gibt es viele. Aber Insektenkirchen? Doch, die gibt es jetzt auch – und zwar in Thüringen. In fünf Dörfern wohnen Insekten dort jetzt in ganz speziellen Gotteshäusern. Im Interview erzählt Pfarrer Dirk Sterzik, was es damit auf sich hat und warum er sonntags nun auch für Bienen und Käfer predigt.

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In fünf kleinen Dörfern nördlich von Erfurt brummt das Kirchenleben neuerdings: Initiiert vom evangelischen Pfarrer Dirk Sterzik haben Gemeinden in Walschleben, Elxleben, Andisleben, Gebesee und Dachwig in den vergangenen Wochen Insektenkirchen gebaut, in denen es nun vor Bienen, Käfern und Co. nur so wimmelt. Im Interview mit katholisch.de erklärt Sterzik, wie es zu der besonderen Aktion kam und was das Ganze soll. Außerdem beantwortet er die Frage, welche Konfession die kleinen Tierchen haben und ob er ihnen sonntags das Evangelium verkündet.

Frage: Pfarrer Sterzik, wer Gutes für die Umwelt tun möchte, baut heute gerne ein Insektenhotel, in dem Bienen, Käfer und andere Kleintiere nisten können. Sie sind nun noch einen Schritt weitergegangen und haben fünf Insektenkirchen gebaut – stilecht mit Kirchenschiff, Kirchturm und Turmuhr. Wollen Sie die kleinen Tierchen etwa missionieren?

Sterzik: Klar, die ersten Insekten, die in unsere Kirchen eingezogen sind, habe ich sogar persönlich getauft (lacht). Aber das war natürlich nicht unser erstes Anliegen. Vielmehr wollten wir mit den Insektenkirchen ein Zeichen setzen, wie man ohne großen Aufwand Umweltschutz betreiben und damit aktiv zur Bewahrung der Schöpfung beitragen kann.

Frage: Aber dafür hätten Sie natürlich auch einfach normale Insektenhäuser bauen können ...

Sterzik: Das stimmt – aber das hätte sicher nicht so viel Spaß gemacht. Glauben Sie mir: Die Insektenkirchen, die wir bisher gebaut haben, sind echte Hingucker. Wir haben den Kirchen sogar Namen gegeben. Eine heißt zum Beispiel Sankt Bienenstich.

Frage: Wie kam es denn eigentlich zum Bau der Insektenkirchen?

Sterzik: Das ist natürlich eine Frucht der Corona-Krise. Als aufgrund der Pandemie kaum noch normale Gemeindeaktivitäten möglich waren, mussten wir uns Corona-verträgliche Alternativen überlegen. Und bei der Arbeit an einer Predigt zum Thema Bundesgartenschau 2021 in Erfurt kam mir plötzlich die Idee mit den Insektenkirchen. Ich habe dann sofort gegoogelt, ob es schon irgendwo Insektenhäuser in Kirchenform gibt – und als ich nichts gefunden habe, war mein Ehrgeiz geweckt.

Bild: ©Dirk Sterzik

Die Insektenkirchen sollen Bienen, Käfern und anderen Kleintieren als Nistplatz dienen.

Frage: Haben Sie sich schon ein Patent auf die Insektenkirchen gesichert?

Sterzik: Noch nicht, aber vielleicht sollte ich das bald tun (lacht). Unser Kirchengeschäft brummt nämlich ganz ordentlich: Zusätzlich zu den fünf bereits fertiggestellten Kirchen sind bereits drei weitere geplant. Auch ein Seniorenheim hat schon eine Insektenkirche fest bei uns bestellt.

Frage: Haben Sie angesichts dieses Baubooms überhaupt noch Zeit für Ihren eigentlichen Beruf als Pfarrer?

Sterzik: Natürlich, der Bau der Kirchen ist schließlich Teamwork. An allen fünf Orten, an denen wir bisher Insektenkirchen gebaut haben, haben ganz viele Familien mitgemacht – und darunter waren nicht nur Gemeindemitglieder. Das waren wirklich tolle Gelegenheiten, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und trotz der Corona-Einschränkungen gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen.

Frage: Der heilige Franz von Assisi soll bekanntlich den Vögeln gepredigt haben. Machen Sie das gleiche jetzt mit den Insekten in Ihren Kirchen?

Sterzik: Natürlich, jeden Sonntag (lacht). Sie wissen doch sicher, was im Markusevangelium steht: "Gehet hin in alle Welt und predigt das Evangelium aller Kreatur".

Von Steffen Zimmermann

Zur Person

Dirk Sterzik (*1965) ist seit Januar Pfarrer im Kirchenkreis Bad Frankenhausen-Sondershausen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland. Zuvor war er von 2013 bis 2019 Militärseelsorger in Sondershausen und Bad Frankenhausen.