Kardinal Woelki stellt sich hinter Merkels "Wir schaffen das"
Fünf Jahre nach Beginn des verstärkten Flüchtlingszuzugs nach Deutschland hat Kölns Erzbischof Rainer Maria Woelki eine überwiegend positive Bilanz gezogen. "Wer genau hinschaut, sieht, dass Integration, wo immer sie gefördert wird, in der Regel auch gelingt", sagte der Kardinal am Sonntag dem Kölner katholischen Online-Portal domradio.de. Fast jeder zweite Geflüchtete zwischen 18 und 64 Jahren, der seit 2013 nach Deutschland gekommen sei, habe heute eine Arbeit. Schreckensszenarien von Kriminalität und Kostenexplosion seien nicht eingetreten.
"Klar - es gibt auch Probleme", räumte der Erzbischof ein. Der Satz "Wir schaffen das" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeige jedoch, was machbar sei, "wenn wir es denn wirklich wollen". Woelki bezeichnete den Ausspruch als zukunftsweisend und forderte weitere Anstrengungen in der Flüchtlingspolitik. "Noch immer steigen Menschen in Schlauchboote und wagen eine lebensgefährliche Überfahrt über das Mittelmeer. In den Lagern auf den griechischen Inseln hausen Familien mit Kindern unter entsetzlichen Bedingungen", erklärte er.
Mutmachen oder Verharmlosung?
Merkel hatte ihre Aussage am 31. August 2015 in der Bundespressekonferenz in Berlin gemacht. Befürworter sahen darin den Versuch, Mut zu geben; Kritiker verstanden den Satz als eine Verharmlosung von Problemen.
Laut einer Umfrage für die "Augsburger Allgemeine" vom Wochenende hat die Skepsis in den letzten drei Jahren aber abgenommen. Unter Kirchenmitgliedern ist die Zustimmung dabei größer als in der Gesamtbevölkerung.
2020 und 2017 wurden jeweils gut 5.000 Antworten ausgewertet auf dieselbe Frage: "Wie würden Sie Angela Merkels Aussage 'Wir schaffen das' vom 31. August 2015 heutzutage bewerten?" Der Anteil der skeptischen Stimmen ging dabei von 60 auf 51 Prozent zurück. Der Anteil der Befragten, die die Aussage für eher oder völlig zutreffend halten, stieg von 34 auf 44 Prozent.
Flüchtlingsboot als Altar
Beim Blick auf die Religionszugehörigkeit stieg der Anteil der völlig oder eher zustimmenden Befragten bei den Katholiken von 39,7 auf 47,4 Prozent, bei den Protestanten von 37,6 auf 49,2 Prozent. Die Zustimmung war also jeweils höher als in der Gesamtbevölkerung.
Kardinal Woelki hatte sich in der vergangenen Jahren stark für geflüchtete Menschen engagiert. 2016 hatte er ein Flüchtlingsboot von Malta nach Köln bringen zu lassen und an Fronleichnam als Altar verwendet. Diese Aktion hatte bundesweite für Aufsehen gesorgt. Das sieben Meter lange Boot steht jetzt als Ausstellungsstück im Haus der Geschichte in Bonn. (gho/KNA)