Kardinal Pell fliegt trotz Corona-Reiseverbots nach Rom
Trotz eines allgemeinen Ausreiseverbots aus Australien wegen der Corona-Pandemie ist der frühere Kurienkardinal George Pell am Dienstag von Sydney nach Rom abgeflogen. Die Nachricht vom Flug des 79-Jährigen sei in den Sozialen Netzwerken auf Kritik und Unverständnis gestoßen, berichten australische Medien.
Die Erzdiözese Sydney gab trotz Nachfragen australischer Medien keinen Grund für die Reise Pells an. Auch die für Ausnahmegenehmigungen zuständige Grenzschutzbehörde (ABF) machte keine Angaben darüber; man kommentiere keine Einzelfälle. Generell, so die Behörde, könne unter anderem Personen, die im Auftrag einer Regierung unterwegs seien, über dringend benötigte "religiöse oder theologische Fähigkeiten" verfügten oder gewöhnlich im Ausland lebten, eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden.
Der zunächst wegen sexuellen Missbrauchs zweier Minderjähriger verurteilte Pell war im April von Australiens höchstem Gericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen und aus dem Gefängnis entlassen worden. Der frühere Finanzchef des Vatikan bekleidet nun keinen Posten mehr im Vatikan. Er hatte seine damalige Position behalten, als er 2017 nach Australien zurückkehren musste, um sich dem Missbrauchsprozess zu stellen. Seine Amtszeit als Finanzchef lief im Februar 2019 aus Altersgründen aus.
Pell und zurückgetretener Becciu zerstritten
Pells Rückkehr nach Rom folgt nun unmittelbar auf den Rücktritt des italienischen Kurienkardinals Giovanni Angelo Becciu in der vergangenen Woche; ihm werden Unterschlagung und Korruption vorgeworfen. Pell begrüßte zuletzt in einer kurzen Erklärung Beccius Rücktritt mit den Worten: "Der Heilige Vater wurde gewählt, um die Finanzen des Vatikan aufzuräumen." Bereits am Montag berichteten Medien, Pell reise in den Vatikan.
Becciu und Pell sollen über die Finanzreformen des Australiers zerstritten sein. Weiter erklärte Pell, er hoffe, dass "das Ausmisten der Ställe sowohl im Vatikan als auch in Victoria fortgesetzt wird". Weil sich die Missbrauchsvorwürfe auf Pells Zeit als Priester in Ballarat und als Erzbischof von Melbourne bezogen, war ihm der Prozess im Bundesstaat Victoria gemacht worden. Er sieht die Vorwürfe und Prozesse gegen ihn als Hetzjagd der liberalen Öffentlichkeit Australiens und sich selbst als Bannerträger konservativer kirchlicher und gesellschaftlicher Werte. (mpl/KNA)