Theologische Unterschiede würden ausgeblendet

Hoping: Römische Kritik an Papier zu Mahlgemeinschaft berechtigt

Veröffentlicht am 26.10.2020 um 15:03 Uhr – Lesedauer: 

Frankfurt ‐ Der Dogmatiker Helmut Hoping verteidigt den Einspruch der Glaubenskongregation gegen das Ökumene-Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn". Dessen Argumentation täusche über bestehende theologische Differenzen hinweg und sei deshalb unzureichend.

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Der Freiburger Dogmatiker Helmut Hoping hält die römische Kritik am Ökumene-Papier "Gemeinsam am Tisch des Herrn" für berechtigt. In einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) schrieb Hoping am Sonntag, er halte die von der Glaubenskongregation vorgetragenen Einwände gegenüber dem Text des Ökumenischen Arbeitskreises evangelischer und katholischer Theologen (ÖAK) für zutreffend. Demnach täusche die Argumentation, evangelische und katholische Gläubige könnten aufgrund einer individuellen Gewissensentscheidung an der Mahlfeier der anderen Konfession teilnehmen, über bestehende theologische Differenzen hinweg und sei deshalb unzureichend.

Das ÖAK-Votum zur wechselseitigen Teilnahme an Abendmahl und Eucharistie war bereits 2019 veröffentlicht werden. Die für September dieses Jahres geplante Abstimmung einer Würdigung des Papiers durch die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) wurde jedoch aus "Respekt" vor dem wenige Tage zuvor erhobenen Einspruch der Glaubenskongregation vertagt. In seinem Gastbeitrag kritisiert Hoping, dass in dem Text zwar "detailreich und auf aktuellem Forschungsstand" die biblischen und historischen Ursprünge der Eucharistie rekonstruiert, daraus aber nicht die richtigen Schlüsse gezogen würden. So sei allein mit dem "exegetischen Befund weder Deutung noch Bewertung der weiteren Entwicklungsgeschichte der Eucharistie präjudiziert", wie etwa der innerreformatorische Streit um die Bedeutung der Worte Jesu "Das ist mein Leib" zeige.

Ausklammerung inhaltlicher Unterschiede problemtisch

Hoping sieht die Hauptschwierigkeit des Votums darin, dass der ÖAK lehrmäßige Unterschiede im Eucharistieverständnis in seinen Ausführungen gezielt außen vor lasse. Dies werde daran deutlich, dass der Text die „Leuenberger Konkordie“ als Grundlage für einen evangelisch-katholischen Konsens vorschlägt. Diese Kompromiss-Formel, den eine Reihe evangelischer Kirchen in Europa 1973 schloss, habe die "Lehrdifferenzen zwischen Lutheranern und Reformierten bewusst 'ausgeklammert'". Ein solches Vorgehen sei nach katholischer Sakramenten-Auffassung aber nicht vertretbar, da der Glaube an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie und die konstitutive Rolle des Weiheamtes fest in der kirchlichen Lehre verankert seien.

Dem DBK-Vorsitzenden, Bischof Georg Bätzing (Limburg), wirft Hoping vor, er versuche die eigentliche Intention des ÖAK-Textes "herunterzuspielen", wenn er sagt, Ziel des Votums sei nicht die Interkommunion, sondern lediglich die Ermöglichung einer individuelle Gewissensentscheidung. Der Freiburger Dogmatiker hält demgegenüber fest: "Wenn das ÖAK-Papier Eucharistie und Abendmahl als Feierformen eines identischen Mahles betrachtet, das mit Jesus Christus als Gastgeber allen Getauften unabhängig von ihrem Bekenntnis offensteht, läuft dies auf eine Trennung von Sakrament und Kirche hinaus, die nicht nur für die römische Kirche, sondern auch für die Kirchen des Ostens inakzeptabel ist." Ein solches Denken falle durch seine Vereinheitlichung hinter bereits erreichte Verständigungen "in einigen lutherisch-katholischen Dialogen" zurück. Um ökumenisch voranzukommen, brauche es "mehr Differenzhermeneutik statt eines Konsenses um jeden Preis", so Hoping abschließend.

Bild: ©privat

Helmut Hoping lehrt Dogmatik an der Universität Freiburg im Breisgau und ist Mitglied des Kuratoriums des Instituts Papst Benedikt XVI. in Regensburg.

Helmut Hoping ist Professor für Dogmatik an der Theologischen Fakultät der Universität Freiburg. In der November-Ausgabe der Herder Korrespondenz erscheint von ihm eine ausführlichere theologische Bewertung des ÖAK-Votums. In der selben Ausgabe argumentiert der Eichstätter Fundamentaltheologe Christoph Böttigheimer, die römische Kritik an dem Dokument verkenne, dass "Gemeinsam am Tisch des Herrn" nicht die volle Eucharistiegemeinschaft vorwegnehmen wolle, sondern sich an der im Ökumenismusdekret des Zweiten Vatikanischen Konzils bemühten "Weg-Metapher" orientiere: "Gemessen daran, dass die skandalöse Trennung am Tisch des Herrn die Glaubwürdigkeit der Kirche massiv untergräbt, müsste über konkrete Konsequenzen, die aus den ökumenischen Fortschritten zu ziehen sind, wohlwollend nachgedacht werden", so Böttigheimer. In der Diskussion um das ÖAK-Vorum wurden zwischenzeitlich sowohl die gemeinsame Würdigung durch die DKB und die Evangelische Kirche in Deutschland als auch der Brief des Präfekten der Glaubenskongregation der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. (mfi)