Verbände: Kardinal Woelki muss Missbrauch schonungslos aufklären
Die Bundesverbände der Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten fordern eine ehrliche und schonungslose Aufklärung aller Missbrauchsfälle im Bereich der katholischen Kirche. Aktuell sei hier vor allem das Erzbistum Köln mit Kardinal Rainer Maria Woelki an der Spitze gefordert, heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der beiden Verbände.
"Wenn durch die Ereignisse der letzten Wochen im Erzbistum Köln in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass Erkenntnisse unter Verschluss gehalten oder gar Betroffene benutzt werden, so schadet das fundamental dem Aufklärungsinteresse und der Glaubwürdigkeit des Synodalen Wegs", heißt es in dem Brief, der an das Präsidium des Reformprojekts in der katholischen Kirche in Deutschland adressiert ist.
Der Synodale Weg habe "nur dann einen Sinn, wenn auch die Bemühungen der Bistümer, der Orden und der ganzen Kirche in Deutschland nach ehrlicher und schonungsloser Aufklärung aller Missbrauchsfälle erfolgreich und glaubwürdig verlaufen". Die Ereignisse der letzten Wochen, vor allem im Erzbistum Köln, seien diesem Ziel allerdings abträglich. Wenn dabei sogar der Eindruck entstehe, dass "der Betroffenenbeirat instrumentalisiert wird und Opfer damit erneut missbraucht werden", seien die Reaktionen der Öffentlichkeit verständlicherweise vernichtend.
Präsidium des Synodalen Wegs soll "deutlich Stellung beziehen"
"Wir rufen das Präsidium als Veranstalter des Synodalen Wegs auf, hier deutlich Stellung zu beziehen", heißt es weiter. Dass Studien durch Unabhängigkeit, Nennen von Namen und Klarheit in der ethischen Bewertung zum Wiederherstellen von Vertrauen beitragen könnten, hätten in letzter Zeit etwa die Bistümer Aachen und Limburg bewiesen: "Alle anderen Bistümer müssen baldmöglichst ihrem Beispiel folgen."
Das Erzbistum Köln müsse nach den Querelen der letzten Wochen am besten eine "wirklich unabhängige, zum Beispiel vom staatlichen Unabhängigen Beauftragten für sexuellen Kindesmissbrauch verantwortete Untersuchung" in die Wege leiten.
Das Erzbistum Köln hatte Ende Oktober überraschend mitgeteilt, es habe den Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke mit einer neuen Untersuchung zum Thema Missbrauch beauftragt. Zugleich wurde darüber informiert, dass das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) wegen methodischer Mängel nicht veröffentlicht wird. Zwei Sprecher des Betroffenenbeirats hatten daraufhin ihren Rücktritt verkündet und erklärt, sie hätten sich vom Erzbistum instrumentalisiert gefühlt.
Unterdessen erneuerte auch die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ihre Forderung an die katholische Kirche nach einer vollumfänglichen Aufklärung des Missbrauchsskandals. Schuldige müssten benannt und mit veränderten Strukturen solle dafür gesorgt werden, dass Missbrauch in Zukunft verhindert werde, teilte der Verband am Montag in Düsseldorf mit.
Aachener Gutachten zeige strukturelle Probleme
Das in der vergangenen Woche in Aachen vorgestellte Gutachten zeige deutlich, dass Missbrauch und dessen Vertuschung sich durch die Strukturen der katholischen Kirche zögen, erklärte die Bundesvorsitzende Mechthild Heil. Es könne nicht sein, dass ein Altbischof und Seelsorger um Verständnis dafür werbe, dass Opfergespräche schwierig gewesen seien.
"Mit solchen Aussagen will man die öffentliche Wahrnehmung umkehren und die Taten verharmlosen. Missbrauch darf nicht weiter als 'Verfehlung" Einzelner abgetan werden, sondern als das benannt werden, was es ist: Straftaten, die mitsamt ihrer Vertuschung nur möglich waren, weil das System katholische Kirche ist, wie es ist: ein klerikales streng hierarchisches System, in welchem die Machterhaltung über dem Leid der Opfer steht", sagte Heil.
Die kfd setze sich für tiefgreifende Reformen in der katholischen Kirche ein. Unter dem Motto #MachtLichtAn fordert die kfd die deutschen Bischöfe seit 2018 auf, den Missbrauchsskandal umfassend aufzuklären, aus ihrer Sicht verkrustete Machtstrukturen abzuschaffen, unabhängige Missbrauchsbeauftragte einzusetzen und die kirchliche Sexualmoral zu verändern.
Auch die Katholische junge Gemeinde (KjG) forderte ein einheitliches Vorgehen der Bistümer bei der Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt in der Kirche. "Gerade die letzten Wochen und Monate bestätigen, dass die katholische Kirche und in ihr vor allen Dingen Bistumsverantwortliche sehr ungleichzeitig dazu gelernt haben", erklärte die KjG am Montag in Düsseldorf.
Die Reaktion der Bistümer Aachen und Köln auf eigens in Auftrag gegebene Gutachten zu sexuellem Missbrauch könne unterschiedlicher nicht sein, so die Jugendorganisation. "Es macht uns wütend und beschämt uns, dass die gemeinsam vereinbarten Leitlinien nicht gleichermaßen eingehalten werden", kritisierte die KjG. (tmg/KNA)
16.11., 13:30 Uhr: Ergänzt um kfd. 17:05 Uhr: Ergänzt um KjG.