Bisher unbekannte Rötelzeichnung aufgetaucht

"Salvator Mundi" nicht von Leonardo? Neues Jesus-Bild wirft Fragen auf

Veröffentlicht am 24.11.2020 um 13:01 Uhr – Lesedauer: 

Florenz ‐ Von Leonardo da Vinci sind kaum Gemälde erhalten – seit das Jesus-Gemälde "Salvator Mundi" als Werk des Künstlers gilt, ist es das teuerste Kunstwerk überhaupt. Doch eine nun aufgetauchte Zeichnung wirft Zweifel auf.

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Eine bisher unbekannte Zeichnung des Antlitzes Jesu von Leonardo da Vinci soll beweisen, dass das Gemälde "Salvator Mundi" kein Werk des berühmten Renaissance-Künstlers ist. Die Florentiner Kunsthistorikerin Annalisa di Maria sagte in der vergangenen Woche gegenüber der Zeitung "La Stampa", dass sie die Rötelzeichnung, die einem privaten Sammler gehört, für einen echten Leonardo hält. "Das ist das wahre Gesicht des Salvator Mundi", so die Wissenschaftlerin des UNESCO-Zentrums in Florenz. "Man erkennt darin alles, was die Zeichnungen Leonardos ausmachen: es ist klar und deutlich seine Bildsprache." Die Darstellung entspreche der üblichen Dreiviertelperspektive, die Leonardo auch in seinen Selbstporträts häufig verwendet habe. Zugleich sei sie auch ein Indiz dafür, dass das für eine Rekordsumme von 450 Millionen US-Dollar verkaufte Jesus-Gemälde "Salvator Mundi" tatsächlich nicht von dem Florentiner Künstler stammt. Di Maria geht davon aus, dass die Darstellung des "Salvator Mundi" nicht dem üblichen Stil Leonardos entspreche, der "niemals eine Figur so starr von vorne" porträtiert hätte. Die nun aufgetauchte Zeichnung zeige, wie der Künstler sich das Antlitz Jesu tatsächlich vorgestellt hatte..

Bild: ©picture alliance / abaca (Archivbild)

Leonardo da Vincis Ölgemälde "Salvator mundi" (um 1500) ist das teuerste Kunstwerk der Welt. Seine Authentizität wird jetzt wieder in Frage gestellt.

Die bisher nicht bekannte Rötelzeichnung war di Maria von einem privaten Sammler zur Bewertung vorgelegt wurden. Derzeit arbeitet die Kunsthistorikerin an einer ausführlichen Untersuchung der Zeichnung und deren Datierung. An den Schlussfolgerungen di Marias gibt es aber auch Zweifel. Der britische Kunsthistoriker und Leonardo-Experte Martin Kemp drückte gegenüber der Zeitung "The Telegraph" seine Zweifel aus. Weitere Untersuchungen seien erforderlich, insbesondere, ob sich an der Zeichnung nachweisen ließe, dass sie wie alle Werke Leonardos mit der linken Hand gezeichnet wurde. Di Maria will ihre Ergebnisse auf einer Konferenz in Florenz vorstellen, sobald die Corona-Beschränkungen in der Region gelockert werden.

Das Gemälde "Salvator Mundi" galt lange als Werk des Leonardo-Schülers Giovanni Antonio Boltraffio und wechselte noch 2005 für lediglich 10.000 US-Dollar den Besitzer. Später wurde es restauriert und die Urheberschaft Leonardos angenommen. Damit ist es eines von weniger als zwanzig Bildern, die dem Künstler zugeschrieben werden, und das einzige in privater Hand. 2015 wurde die Darstellung Jesu als Erlöser der Welt für die Rekordsumme von 450 Millionen Euro durch das New Yorker Auktionshaus Christie's verkauft, den höchsten jemals für ein Kunstwerk erzielten Preis. Zunächst war nicht bekannt, dass der Käufer der saudische Prinz Bader bin Abdullah bin Mohammed bin Farhan al-Saud war, der das Gemälde in Abu Dhabi ausstellen will. (fxn)