Genn prüft Untersuchungen gegen Woelki – Kardinal nimmt Stellung
Der Münsteraner Bischof Felix Genn prüft derzeit offenbar kirchenrechtliche Untersuchungen gegen den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki. Als dienstältester Bischof der Kölner Kirchenprovinz wolle er alle kirchenrechtlich gebotenen Schritte unternehmen, sagte Genn dem Internetportal "Kirche-und-Leben.de" am Donnerstag. Notwendig dafür sei jedoch, dass er eine Anzeige erhalte, die dem Kardinal Fehlverhalten vorwerfe. Das Vorgehen entspricht dem Apostolischen Schreiben "Ihr seid das Licht der Welt" aus dem Jahr 2019. Darin hatte Papst Franziskus Leitlinien zum Umgang mit Bischöfen festgehalten, denen die Vertuschung von Missbrauch vorgeworfen wird.
Der "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte zuvor berichtet, Woelki habe als Erzbischof im Jahr 2015 einen Fall schweren sexuellen Missbrauchs durch einen Düsseldorfer Priester pflichtwidrig nicht an den Vatikan gemeldet und zivile oder kirchenrechtliche Untersuchungen gegen den Kleriker unterlassen.
Woelki nahm inzwischen zu den Vertuschungsvorwürfen gegen seine Person Stellung. "Sollte ich im konkreten Fall Fehler gemacht haben, werden diese klar benannt und ich werde danach handeln", sagte der Kardinal laut Mitteilung des Erzbistums Köln am Donnerstag. "Ich gehe davon aus, dass die gegen mich erhobenen Vorwürfe und der damit verbundene Fall Teil der aktuellen Unabhängigen Untersuchung sind." Nur auf Basis einer vollständigen Aufarbeitung könne aus systematischen Verfehlungen gelernt und personelle und organisatorische Konsequenzen abgeleitet werden. Der Kardinal nahm damit Bezug auf die von ihm in Auftrag gegebene Neufassung des Gutachtens zum Umgang mit sexuellem Missbrauch in der Erzdiözese.
Aufklärung ohne Ansehen von Person und Amt
"Der Auftrag der Unabhängigen Untersuchung ist klar: Ohne Ansehen von Person und Amt werden alle Vorgänge im Umgang mit sexualisierter Gewalt der vergangenen Jahrzehnte aufgeklärt", sagte Woelki weiter. "Die Untersuchung lässt deshalb niemanden aus, auch mich nicht." Ebenso wolle er als Erzbischof für entstandenes Leid durch Verantwortungsträger im Erzbistum moralische Verantwortung übernehmen, "dies jedoch auf unvollständiger Grundlage zu tun, würde der Sache nicht gerecht".
Wie das Erzbistum in seiner Mitteilung noch einmal betonte, sei der beschuldigte Pfarrer aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht vernehmungsfähig gewesen. "Ein zweiter Schlaganfall und eine fortgeschrittene Demenz machten eine Konfrontation zur Aufklärung des Falles unmöglich", hieß es. Das habe auch eine kanonische Voruntersuchung verhindert, da der potenziell Betroffene ausdrücklich nicht an der Aufklärung des Sachverhalts habe mitwirken wollen, "sich nicht einmal eine Konfrontation von Pfarrer O. wünschte und auch andere Möglichkeiten zur Aufklärung, beispielsweise Zeugen, nicht vorhanden waren". Der Pfarrer sei mittlerweile verstorben. Wie dieser Sachverhalt strafrechtlich und kirchenrechtlich zu bewerten sei, werde das Gutachten im März aufzeigen, hieß es.
Am 30. Oktober hatte das Erzbistum Köln verkündet, eine Neufassung des von Woelki in Auftrag gegebenen Missbrauchsgutachtens zu veranlassen. Als Grund werden "gravierende methodische Mängel" in der Erstfassung des Gutachtens der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl genannt. Woelki selbst hatte vor einiger Zeit angekündigt, zurücktreten zu wollen, sollte man ihm einen Fall von Vertuschung nachweisen. (tmg)