Bremer Theologe wegen Volksverhetzung verurteilt

Kirche entscheidet: Pastor Latzel darf nicht mehr predigen

Veröffentlicht am 11.12.2020 um 12:04 Uhr – Lesedauer: 

Bremen ‐ "Es ist nach unserer Überzeugung nicht möglich, dass ein Pastor, der von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, während der Dauer des Disziplinarverfahrens weiter seinen Dienst tut", hieß es.

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Der wegen Volksverhetzung verurteilte Bremer Pastor Olaf Latzel darf vorerst nicht mehr predigen. Der Kirchenausschuss der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) habe entschieden, "dass Herr Pastor Latzel während der Dauer des weiteren Verfahrens keinen Dienst als Pastor in unserer Kirche tun kann". Das leitende Gremium habe beschlossen, den Theologen vorläufig des Dienstes zu entheben, teilte Kirchensprecherin Sabine Hatscher am Freitag mit.

Der Pastor der evangelischen St.-Martini-Gemeinde in der Bremer Innenstadt war am 25. November vor dem Amtsgericht wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt worden, umgewandelt zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 90 Euro. (Az: 96 Ds 225 Js 26577/20) In der Urteilsbegründung sagte Richterin Ellen Best, Latzel habe in einem auf YouTube verbreiteten "Eheseminar" zum Hass gegen Homosexuelle und Intersexuelle aufgestachelt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, weil Latzels Verteidiger Berufung eingelegt hat. Das kirchliche Disziplinarverfahren bleibt daher weiterhin ausgesetzt.

Der leitende Theologe der bremischen Kirche, Pastor Bernd Kuschnerus, erklärte am Freitag: "Es ist nach unserer Überzeugung nicht möglich, dass ein Pastor, der von einem Gericht der Bundesrepublik Deutschland wegen Volksverhetzung verurteilt worden ist, während der Dauer des Disziplinarverfahrens weiter seinen Dienst tut." Dies gelte gerade auch, solange die Verurteilung nicht rechtskräftig ist.

Glaubwürdige Verkündigung unmöglich

Eine glaubwürdige Verkündigung des Evangeliums sei während der Dauer einer derartigen rechtlichen Auseinandersetzung, die möglicherweise über Jahre und unter erheblicher öffentlicher Beteiligung stattfindet, nicht denkbar, unterstrich Kuschnerus. Eine Ausübung des Dienstes während dieser Zeit würde die Glaubwürdigkeit der Wahrnehmung des kirchlichen Dienstes und das Ansehen der Bremischen Evangelischen Kirche in der Öffentlichkeit schwer beschädigen. "Der Kirchenausschuss bittet die Menschen, denen durch die Äußerungen von Pastor Latzel Leid und Unrecht zugefügt wurde, um Verzeihung", betonte der Theologe.

Latzel und sein Rechtsbeistand könnten zu der Entscheidung des Kirchenausschusses bis kommenden Mittwoch Stellung beziehen und ein Einvernehmen mit dem Kirchenausschuss über das Ruhen des Dienstes während des weiteren Verfahrens erzielen. "Sollte diese nicht zustande kommen, wird er mit sofortiger Wirkung vorläufig des Dienstes enthoben", hieß es.

Der 53-jährige Latzel hatte in dem "Eheseminar" unter anderem gesagt: "Der ganze Gender-Dreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist zutiefst teuflisch und satanisch." Und: "Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day." Vor Gericht hatte sich Latzel für seine Worte entschuldigt und erklärt, sie seien missverstanden worden. Der konservative Theologe, der sich als bibeltreu bezeichnet, hatte in der Vergangenheit schon öfter für Aufsehen gesorgt. So hatte er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert. Die BEK hat sich von den Aussagen ihres Pastors wiederholt distanziert. (tmg/epd/KNA)

UPDATE, 16.12.: Kirche enthebt Pastor Latzel des Dienstes

Die Bremische Evangelische Kirche hat den wegen Volksverhetzung verurteilten Pastor Olaf Latzel vorläufig des Dienstes enthoben. In der vorigen Woche hatte die Kirchenleitung diesen Schritt bereits beschlossen, sollte Latzel nicht freiwillig einer Ruhevereinbarung für die Dauer des laufenden Disziplinarverfahrens zustimmen. Nach Rücksprache mit seinem Verteidiger habe Latzel eine solche Vereinbarung am Mittwoch jedoch abgelehnt, sagte Kirchensprecherin Sabine Hatscher. Daraufhin sei ihm der Bescheid über seine vorläufige Dienstenthebung ausgehändigt worden. Diese beziehe sich auf sämtliche Bereiche seines Dienstes.

Solange das Urteil wegen einer von Latzels Verteidiger eingelegten Berufung nicht endgültig ist, bleibe das kirchliche Disziplinarverfahren weiterhin ausgesetzt, erläuterte Hatscher. Gegen den Bescheid der Dienstenthebung sei ein Widerspruch zunächst beim Disziplinargericht der Bremischen Evangelischen Kirche und in einer weiteren Instanz bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) möglich. Da es sich um ein laufendes Verfahren und eine vorläufige Dienstenthebung handle, blieben Latzels Bezüge davon unberührt. (tmg/epd)