Himmelsphänomen erscheint nur alle 20 Jahre

So können Sie dieses Jahr den Stern von Bethlehem sehen

Veröffentlicht am 19.12.2020 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Münsterschwarzach ‐ Die "Große Konjunktion" von Jupiter und Saturn ist nur alle 20 Jahre am Himmel zu sehen – und gilt als einer der Kandidaten für den historischen Stern von Bethlehem. Ob das so ist, weiß der Klosterastronom Pater Christoph nicht – aber er hat Tipps für die Beobachtung.

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Am Montag vor Weihnachten ist der Stern von Bethlehem wieder zu sehen. Oder jedenfalls: Einer der Kandidaten für das Himmelsereignis, das im Matthäusevangelium beschrieben wird. Sterndeuter aus dem Osten folgten einem Stern auf der Suche nach dem neugeborenen König der Juden – und statt bei Herodes im Palast fanden sie ihn in Bethlehem in einem Stall.

Seit mehr als einem Jahrtausend rätseln Astronomen und Theologen, was dieses Himmelsereignis gewesen sein könnte: Ein Komet, etwa der Halleysche Komet, der im Jahr 12 bis 11 vor Christus seine Bahn nahe der Erde zog? Eine komplizierte Konstellation von Sonne, Jupiter, Venus und Mond im Sternbild Widder, wie sie sich 6 vor Christus ereignet hat? Eine Supernova, über die allerdings nichts in anderen Aufzeichnungen zu finden ist? Oder doch die "Große Konjunktion" von Jupiter und Saturn im Sternbild Fische aus dem Jahr 7 vor Christus? Dieses Phänomen findet etwa alle 20 Jahre statt, wenn sich Jupiter auf seiner zwölfjährigen mit Saturn auf seiner 30-jährigen Umlaufzeit trifft. Dabei kommen sich die beiden Planeten optisch so nahe, dass sie fast nicht mehr zu unterscheiden sind. Und das, obwohl sie tatsächlich gut 800 Millionen Kilometer voneinander entfernt sind. Auch wenn sich die beiden Planeten alle 20 Jahre nahekommen – in diesem Jahr wird es besonders spektakulär: Zuletzt am 4. März 1226, kurz vor Sonnenaufgang, waren sie so nahe beieinander wie am 21. Dezember 2020 um 18.55 Uhr.

Beste Sicht vom Äquator aus

Bis dahin muss man aber nicht warten. "Schon jetzt rücken Saturn und Jupiter immer näher zusammen", erzählt Pater Christoph Gerhard Ende November. Der Benediktiner leitet die Klostersternwarte der Abtei Münsterschwarzach. Professionelles Gerät wie in der Sternwarte braucht man aber nicht, um das Schauspiel am südwestlichen Abendhimmel zu betrachten. Am einfachsten sei die Große Konjunktion mit bloßem Auge zu beobachten, weiß der Pater. "Vom 19. bis 23.12. ist der Anblick in einem Feldstecher oder kleinen Teleskop sicher reizvoll", empfiehlt er. Dazu sollte man sich einen Ort mit freiem Blick auf den Horizont suchen, weil die Planeten sehr niedrig stehen werden. Glück hat, wer in Äquatornähe lebt: Dort hat man dieses Mal den besten Blickwinkel.

Ein Mann stecht lachend neben einem Teleskop
Bild: ©KNA (Archivbild)

Pater Christoph Gerhard präsentiert seine Sternwarte mit Linsen- und Newtonteleskop im Kloster Münsterschwarzach. Der Benediktinerpater Christoph Gerhard ist Hobby-Astronom.

Ob die Große Konjunktion wirklich der historische Stern von Bethlehem ist, darauf will sich der Klosterastronom nicht festlegen. "Das könnte so gewesen sein", meint er, "die astronomischen Fakten aus dem Evangelium nach Matthäus lassen aber keine eindeutigen Schlüsse zu." Das Matthäusevangelium hält sich schließlich sehr bedeckt mit wissenschaftlich verwertbaren Aussagen: Die Sterndeuter kommen aus dem Osten, sie haben einen Stern "aufgehen" sehen, der sie zunächst nach Jerusalem führt und dann mit ihnen weiter nach Bethlehem zieht, um dort stehenzubleiben – mehr steht dort nicht dazu.

Lebendige Heilsgeschichte

Wohl deshalb rätseln Astronomen schon so lage, ob sich das Himmelsereignis mit ihrer Wissenschaft erklären lässt. Pater Christoph lässt sich auf solche Spekulationen erst gar nicht ein. "Ich habe keine Lieblingstheorie, da es zu viele Möglichkeiten gibt, die mir gleichberechtigt vorkommen", sagt er. Die historisch-kritische Bibelauslegung sieht die Geburtsgeschichten ohnehin als später entstandene Legenden an, bei denen es auf die theologische Aussage, nicht auf wissenschaftliche Beschreibungen ankommt. Dennoch sieht auch der Klosterastronom einen Nutzen in Versuchen, den historischen Stern von Bethlehem am Himmelszelt zu finden: Sie könnten seine Vorstellungen von der Heilsgeschichte verlebendigen, gibt er zu und verweist auf die lange, bis ins vierte Jahrhundert zurückgehende Tradition bildhafter Darstellungen vom Besuch der Weisen an der Krippe.

Nach dem 21. Dezember driften Jupiter und Saturn dann wieder langsam auseinander, bis zum Ersten Weihnachtsfeiertag ist das Phänomen aber noch gut zu sehen. Wer bis dahin den Blick am frühen Abend nicht nach Südwesten gerichtet hat, muss lange warten – erst am 31. Oktober 2040 ist es wieder so weit.

Von Felix Neumann