Über 2.000 Jahre Geschichte

Königin im Mittelpunkt: Die Orgel wird "Instrument des Jahres" 2021

Veröffentlicht am 26.12.2020 um 12:40 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Neue Popularität für die "Königin der Instrumente": Für das Jahr 2021 ist die Orgel zum "Instrument des Jahres" gekürt worden. Damit soll das Instrument auch für Zielgruppen sichtbar gemacht werden, die nicht in Kirchen gehen.

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Sie wird gerne als "Königin der Instrumente" bezeichnet: Denn sie ist ein komplexes musikalisches Wunderwerk aus Pfeifen und Tasten, das so leise wie ein Windhauch, aber auch lauter als ein ganzes Orchester klingen kann. Jährlich ruft die Konferenz der Landesmusikräte in Deutschland ein "Instrument des Jahres" aus; 2021 ist es nun die Orgel.

Eine führende Rolle hierbei hat in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg der Landesmusikrat Berlin übernommen, der sich des Themas mit zahlreichen Projekten annimmt. Die Musikmanagerin Janine Bogosyan koordiniert alle Aktivitäten und ist im Moment vor allem mit dem corona-konformen Umplanen des Programms beschäftigt. "Mittlerweile haben wir uns darauf verständigt, in jedem Monat für den nächsten zu entscheiden." Anders ließen sich die zahlreichen Änderungen hinsichtlich der Möglichkeit von Veranstaltungen kaum bewerkstelligen.

Die Aktivitäten, die bereits geplant sind, sollen die Orgel in allen Bereichen des öffentlichen Lebens in den Mittelpunkt rücken. "Oft stehen Orgeln ja in Kirchen versteckt, da geht nicht jeder rein. Es geht darum, das Instrument für Zielgruppen sichtbar zu machen, die sich sonst nicht so sehr dafür interessieren", so Bogosyan. Denn Orgeln stehen zwar zumeist in Kirchen, aber auch in Konzertsälen, Wohnhäusern – und sogar draußen an der frischen Luft gibt es einige dieser Instrumente. Sie werden in Gottesdiensten genutzt, in Konzerten gespielt und in unzähligen Stunden zum Üben gebraucht.

Riesiger Orgelschatz auf dem Smartphone

Vor mehr als 2.000 Jahren wurde das Instrument in Alexandria erfunden und gelangte über Byzanz nach Europa, wo es seit der Karolingischen Renaissance als Kulturgut bis in die Gegenwart weiterentwickelt wurde. Seit dem Mittelalter werden Orgeln vor allem aus Europa, wo mittlerweile die meisten Instrumente gebaut werden, weltweit in viele Länder exportiert. Zu den wichtigsten Ländern für die Weiterentwicklung des Orgelbaus und der Orgelmusik zählt Deutschland, weshalb die Unesco vor drei Jahren beides als Immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt hat.

Nun soll es in Berlin etwa eine Orgel-App geben, die mit einer Orgel-Landkarte verknüpft wird und alle Berliner Orgeln von einst und heute zeigt. Informationen, Bilder, Dispositionen, Klangbeispiele und Videos bringen einen riesigen Orgelschatz direkt aufs Smartphone. Rundgänge und Podcasts runden das digitale Orgelerlebnis ab.

Ein Organist spielt auf einer Orgel
Bild: ©KNA/Julia Steinbrecht

Leiser spielen als ein Windhauch aber auch lauter als ein ganzes Orchester – all das ist mit einer Orgel möglich.

Ein wesentlicher Bestandteil des Projektes besteht in der Arbeit mit Schulklassen. Mit Hilfe seiner Kooperationspartner macht der Landesmusikrat Orgeln und Orgelbauwerkstätten der Hauptstadt zugänglich und vermittelt Klassenausflüge dorthin. Flankiert wird das durch Unterrichtsmaterial, das Experten und Fachdidaktiker momentan für die Fächer Geschichte, Mathematik, Physik und Musik erarbeiten. Startzeitpunkt hierfür ist das zweite Schulhalbjahr ab Februar.

Ebenfalls vorrangig an Kinder wendet sich ein Projekt, das den komplexen Organismus der Orgel konkret erfahrbar macht: Mittels eines Bausatzes können sie eine Orgel von den Tasten bis zu den Pfeifen selbst zusammenbauen. 2021 werden mehrere dieser Bausätze unterwegs sein und die Welt der Orgel erfahrbar machen.

Rund 400 Veranstaltungen sind schon in der Datenbank

Letzter Bestandteil des Programms ist das "Orgelband": An allen 365 Tagen des Jahres soll mindestens eine orgelbezogene Veranstaltung stattfinden. Rund 400 hat Bogosyan schon in ihrer Datenbank, weitere werden folgen. Ob und wie sie stattfinden können, steht freilich unter Corona-Vorbehalt.

Höhepunkt des Orgeljahres soll dann der Tag der Orgel werden, der auf den "Tag des offenen Denkmals" (12. September) fällt. Neben Konzerten, Workshops, Spaziergängen und Aktionen soll dann auch ein "Orgeltruck" durch Berlin fahren. Am Ende ist eine gemeinsame Abschlussveranstaltung mit der Konzertorganistin Iveta Apkalna im Konzerthaus Berlin geplant.

Bogosyan ist trotz aller Unwägbarkeiten zuversichtlich, dass das Jubeljahr ein Erfolg wird: "Die Orgel und ihre ganze Geschichte sind so spannend, da kommt viel zusammen" – und das nicht nur in Berlin. Auch die anderen Landesmusikräte planen Aktionen rund um die Orgel, die rechtzeitig über deren Websites bekannt gegeben werden.

Von Guido Krawinkel (KNA)