Neues Verfahren zur Anerkennung des Leids startet am 1. Januar

Zahlungen an Missbrauchsopfer: DBK stellt Unabhängige Kommission vor

Veröffentlicht am 29.12.2020 um 12:06 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Am 1. Januar tritt in Deutschland die neue Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids kirchlicher Missbrauchsopfer in Kraft. Über die Höhe der Zahlungen an Betroffene entscheidet dann eine Unabhängige Kommission. Deren Mitglieder stehen jetzt fest.

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Wenige Tage vor dem Inkrafttreten der neuen Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids von Missbrauchsopfern in der katholischen Kirche hat die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) die Namen der Mitglieder der neuen Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistung (UKA) veröffentlicht. Demnach gehören dem siebenköpfigen Gremium, das am 1. Januar offiziell seine Arbeit aufnimmt, vier Frauen und drei Männer aus den Bereichen Recht, Medizin und Psychologie an (siehe Textbox), wie die DBK am Dienstag in Bonn mitteilte. Die UKA soll künftig über die Höhe der Zahlungen an kirchliche Missbrauchsopfer entscheiden.

Die neue Ordnung für das Verfahren zur Anerkennung des Leids, wie die Regelung offiziell heißt, war am 24. November vom Ständigen Rat der Bischofskonferenz beschlossen worden und tritt ebenfalls am 1. Januar in Kraft. Ausgangspunkt der Neuregelung war die im Herbst 2018 veröffentlichte MHG-Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch katholische Priester, Diakone und männliche Ordensangehörige im Bereich der Bischofskonferenz. Das neue Verfahren löst nach Angaben der Konferenz das bisherige, seit 2011 praktizierte Verfahren zur materiellen Anerkennung erlittenen Leids ab.

Die Mitglieder der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistung (UKA)

  • Dr. Brigitte Bosse, Ärztliche Psychotherapeutin; Leiterin des Trauma Instituts Mainz
  • Prof. Dr. Ernst Hauck, Vorsitzender Richter am Bundessozialgericht a. D.
  • Michaela Huber, Psychologische Psychotherapeutin; 1. Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Trauma und Dissoziation
  • Peter Lehndorfer, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut; Vizepräsident der Bundespsychotherapeutenkammer bis 2019
  • Dr. Muna Nabhan, Rechtspsychologin
  • Margarete Reske, Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Köln a. D.
  • Ulrich Weber, Rechtsanwalt

Laut der Bischofskonferenz entscheidet die UKA, deren Mitglieder vom Vorsitzenden der Konferenz, Bischof Georg Bätzing, ernannt wurden und sich bereits zu ihrer ersten Sitzung getroffen haben, weisungsunabhängig über die Höhe der Zahlungen. Die sieben Mitglieder seien keine Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter der katholischen Kirche. Bei ihrer Arbeit werde die Kommission künftig durch eine eigene Geschäftsstelle unterstützt, die ab dem 7. Januar per Post (Geschäftsstelle der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen, Postfach 2962, 53019 Bonn), Telefon (0228-103-121) und E-Mail (info@anerkennung-kirche.de) erreichbar sei. In den kommenden Wochen werde zudem eine eigene und unabhängige Internetseite für die Geschäftsstelle eingerichtet.

Die Höhe der Zahlungen an kirchliche Missbrauchsopfer soll sich künftig an Urteilen staatlicher Gerichte zu Schmerzensgeldern orientieren. Daraus ergibt sich ein Leistungsrahmen von bis zu 50.000 Euro. Zusätzlich können Betroffene, wie auch jetzt schon, Kosten für Therapie- oder Paarberatung erstattet bekommen. Bislang erhielten Opfer durchschnittlich eine Zahlung von 5.000 Euro, in Härtefällen auch mehr. Eine von der Bischofskonferenz eingesetzte unabhängige Arbeitsgruppe hatte zwischenzeitlich Summen von bis zu 400.000 Euro vorgeschlagen.

In der Präambel zur neuen Verfahrensordnung heißt es unter anderem: "Sexueller Missbrauch an Minderjährigen sowie an schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen – gerade wenn Kleriker, Ordensleute oder Beschäftigte im kirchlichen Dienst solche Taten begehen –, erschüttert nicht selten bei den Betroffenen und ihren Angehörigen sowie Nahestehenden und Hinterbliebenen das Grundvertrauen in die Menschen und in Gott. In jedem Fall besteht die Gefahr schwerer physischer und psychischer Schädigungen. Erlittenes Leid kann nicht ungeschehen gemacht werden." Durch die materiellen Leistungen solle gegenüber den Betroffenen zum Ausdruck gebracht werden, dass die Bistümer Verantwortung für erlittenes Unrecht und Leid übernähmen. (stz)

So läuft das neue Verfahren zur Anerkennung des Leids ab

  1. Personen, die als minderjährige oder erwachsene Schutzbefohlene sexuellen Missbrauch erlebt haben, wenden sich an die unabhängigen Ansprechpersonen einer (Erz-)Diözese.
  2. Die unabhängigen Ansprechpersonen führen ein Gespräch und können beim Ausfüllen des Antragsformulars unterstützen.
  3. Der Antrag wird von der Ansprechperson oder der Diözese an die UKA weitergeleitet.
  4. Die UKA legt eine Leistungshöhe fest und weist die Auszahlung an Betroffene an.
  5. Die Geschäftsstelle der UKA informiert die betroffene Person sowie die zuständige Diözese und zahlt die festgelegte Summe direkt aus.