ZdK-Präsident Sternberg: Großpfarreien führen Kirche ins Abseits
Die Zusammenlegung von Gemeinden zu immer größeren Pfarrverbänden führt die Kirche nach Ansicht des Zentralkomitees der deutschen Katholiken ins Abseits. ZdK-Präsident Thomas Sternberg nannte es in einem Gespräch mit dem Bonner "General-Anzeiger" (Mittwoch) einen Fehler zu glauben, man könne problemlos aus einer beliebigen Zahl von Pfarreien immer neue und größere Einheiten schaffen."Überall wo das bislang geschah, war es ein Weg in die Selbstmarginalisierung", sagte Sternberg. "Gemeinden bilden sich vor Ort: Eltern haben Kinder im katholischen Kindergarten. Menschen treffen sich beim Gottesdienst. Familien- und Bibelkreise bilden sich. Über solche Freundschaften und Bekanntschaften vor Ort entsteht Gemeinde, nicht in anonymen, pastoralen Räumen ohne einen konkreten hauptamtlichen Ansprechpartner."
Als besonders problematisch bezeichnete Sternberg "Meldungen von der geradezu massenhaften Auflösung von Pfarrbüros". In vielen Gemeinden seien die Pfarrbüros die einzigen Anlaufstellen und ein Gesicht der Kirche vor Ort. "Verwaltungsakte kann man sicher auch ins Internet verlagern", räumte Sternberg ein. "Aber das ist nicht das Wichtigste, was diese Büros leisten. Extreme Priesterfixierung und mangelhafte Laienbeteiligung führen zu selbstzerstörerischen Maßnahmen."
Kritik an Kölner Missbrauchs-Aufarbeitung
Sternberg kritisierte zudem die Aufarbeitung von Missbrauch im Erzbistum Köln. Durch "grobe Fehler" würden auch all diejenigen Bistümer zurückgeworfen, "die dieses Thema mit größerer Konsequenz angehen", sagte der ZdK-Präsident. "Der einzig mögliche Weg in so einem Desaster ist absolute und völlige Transparenz", so Sternberg. "Am besten geht man mit allem ganz offen um und lässt überall völlige Einsicht zu." Der ZdK-Präsident zeigte sich zuversichtlich, dass die Lage sich klären werde, sobald alles transparent und offen auf dem Tisch liege. "Wenn sich dann herausstellen sollte, dass massive Fehler gemacht worden sind, müssen die Übernahme persönlicher Verantwortung und auch ein Rücktritt eine mögliche Konsequenz sein, so wie das Kardinal Woelki selbst einmal formuliert hat."
Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki steht unter Druck, da er ein Gutachten zum Umgang der Bistumsleitung mit Missbrauchsfällen nicht wie zunächst vorgesehen veröffentlichen lässt. Das Papier habe "methodische Mängel", heißt es zur Begründung. Das Erzbistum hat eine neue Untersuchung bei einem Strafrechtler in Auftrag gegeben, das bis zum 18. März vorliegen soll. Zudem wird Woelki vorgeworfen, selbst an Vertuschung beteiligt gewesen zu sein. Er soll einen Missbrauchsfall aus den 1970er-Jahren, von dem er 2015 erfahren hatte, pflichtwidrig nicht an den Vatikan gemeldet haben. Der Kardinal hat den Papst gebeten, diese Vorwürfe gegen ihn zu prüfen.
Termin für Umzug des ZdK nach Berlin steht
Das ZdK will nach den Worten Sternbergs am 1. Januar 2022 sein Büro in Berlin eröffnen. "Das steht jetzt fest", sagte der Präsident. "Wir werden am Prenzlauer Berg in von einer Pfarrei gemietete Räume ziehen." In Bonn blieben dann noch einige Mitarbeiter, "die von dort den Katholikentag 2022 in Stuttgart durchführen werden". Seit seiner Nachkriegs-Wiedergründung 1952 hat das höchste repräsentative Gremium der katholischen Laien in Deutschland seinen Sitz in Bonn-Bad Godesberg. Laut Sternberg können oder wollen rund 15 Mitarbeiter nicht nach Berlin umziehen. Für sie würden derzeit adäquate Arbeitsplätze im Bonner Raum gesucht. Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben.
Das ZdK hatte bei seiner Vollversammlung im Mai 2019 beschlossen, von Bonn nach Berlin zu ziehen. Begründet wurde das vor allem mit einer größeren Nähe zu politischen Entscheidungsträgern. Die politische, mediale und gesellschaftliche "Präsenz" des ZdK werde durch einen Umzug des Generalsekretariats nach Berlin verbessert. (tmg/KNA)