KHG Köln: Erzbistum untersagt weiter Positionspapier-Veröffentlichung
Die Katholische Hochschulgemeinde (KHG) Köln darf auch weiterhin das Positionspapier nicht veröffentlichen, das zu einem Konflikt mit dem Erzbistum geführt hat. Das geht aus einem am Montag verschickten offenen Brief des KHG-Teams an die Leiterin der Schul- und Hochschulabteilung des Kölner Generalvikariats hervor, der katholisch.de vorliegt. Demnach sei die Forderung, das bereits im Mai 2019 verfasste Positionspapier "Wir wollen glaubwürdig bleiben" wieder im Semesterprogramm und auf der Webseite der KHG zu veröffentlichen, im Gespräch mit der Hauptabteilungsleiterin Bernadette Schwarz-Boenneke abgelehnt worden. Laut der Pastoralreferentin der KHG, Martina Schäfer-Jacquemain, wurde von der dienstrechtlichen Maßregelung der Verantwortlichen mittlerweile abgesehen, die anderen Maßnahmen des Erzbistums blieben jedoch in Kraft.
Auf Anfrage von katholisch.de bestätigte die Erzdiözese, dass regelmäßig Gespräche mit den Mitarbeitern der KHG stattfinden und keine dienstrechtlichen Schritte mehr im Raum stehen. In den Gesprächen setze man weiterhin darauf, "gemeinsam eine konstruktive Basis im Miteinander zu finden", so das Erzbistum. Das Ringen um Verständigung zwischen unterschiedlichen Positionen sei oftmals nicht leicht und erfordere Anstrengungen von allen Beteiligten. Gleichzeitig hoffe das Erzbistum, dass in den kommenden Monaten gemeinsam mit der KHG "vor allem auch der Dialog mit und unter den Studierenden gestärkt werden" könne, heißt es weiter. Die Sprecherin des Erzbistums bekräftigte, dass ein "offener, lebendiger und gleichzeitig sachlicher und ausgewogener Austausch von Meinungen unabdingbar" sei, um "gemeinsam als Kirche" voranzukommen. "Es geht uns darum, als Kirche die Themen zu diskutieren und als Hochschulgemeinde die Studierenden in den Blick zu nehmen", so die Sprecherin weiter. "Deshalb haben wir die KHG eingeladen und ermutigt, die Themen des Positionspapiers im Programm des Sommersemesters im Rahmen von Veranstaltungen zur Diskussion zu stellen." Das Erzbistum sehe es als Aufgabe der KHG an, den Diskursraum zwischen den vielfältigen Stimmen und wissenschaftlichen Positionen auch vielstimmig zu eröffnen und zu gestalten.
KHG: “Unheilvolle Geschichte der Zensur” in der katholischen Kirche
Mit dem Offenen Brief, dem sich auch mehrere Organisationen und Initiativen aus den Bereichen Kirche und Hochschule als Unterstützer angeschlossen haben, will das KHG-Team Argumente für eine Veröffentlichung nennen. Das Papier sei "aus der Identifikation mit unserer Aufgabe heraus" entstanden, "um einen kirchlichen Raum für Studierende zu schaffen, in den sie sich eingeladen fühlen, trotz struktureller Diskriminierung durch die katholische Kirche im Allgemeinen", so der Brief. Der Inhalt des Positionspapiers, in dem es unter anderem um die Rolle der Frau, kirchliche Ämter und gesellschaftliche Verantwortung geht, seien nach wie vor aktuell: "Die Inhalte des Papiers sind bisher von Ihnen oder anderen Vertreter*innen des Erzbistums Köln weder argumentativ widerlegt, noch in irgendeiner Form kommentiert worden", wenden sich die Unterzeichner gegen die Darstellung der Kölner Bistumspressestelle, dass die Erzdiözese an einer Auseinandersetzung interessiert sei. Vorschläge für einen solchen Austausch seitens der KHG seien abgelehnt worden.
Das "umfassende Veröffentlichungsverbot" des Positionspapiers per Dienstanweisung reihe sich ein in eine "unheilvolle Geschichte der Zensur" der katholischen Kirche. Damit bestätige das Handeln des Erzbistums die Aktualität der Forderungen, zu denen die Sicherung der Wissenschafts- und Forschungsfreiheit der Theologie gehören.
Nachdem der Inhalt durch die große Medienaufmerksamkeit im November 2020 ohnehin bekannt sei, sei das fortgeltende Veröffentlichungsverbot "widersinnig" und "reine Machtdemonstration". Das Positionspapier habe als "diskursives Ereignis" die Debatte über die Frage nach der Zukunft der katholischen Kirche entscheidend mitgeprägt. "Es ist daher als Beitrag dieses Diskurses in seiner Form nicht zu verbieten, sondern vielmehr zu schützen", so die Unterzeichner.
Erzbistum reagierte auf Online-Petition
Auf eine Online-Petition zur Unterstützung des KHG-Teams hatte das Erzbistum Ende November mit einem Schreiben an die Erstunterzeichner reagiert. Das Schreiben liegt katholisch.de vor. Darin betont der Abteilungsleiter für Schulpastoral und Hochschule im Kölner Generalvikariat Peter Krawczack, dass durch die "offensive und konfrontative" Positionierung durch die Veröffentlichung des Positionspapiers die "Spielregeln des beruflichen Miteinanders verletzt" worden seien. Krawczak leitet zur Zeit kommissarisch das Team der KHG. "Dass es bei unserem Agieren um den Umgang mit beruflichen Spielregeln geht, haben wir in allen Gesprächen deutlich gemacht, und wir haben an die Mitarbeitenden appelliert, auf die Ebene eines konstruktiven Miteinanders zurückzukehren", so Krawczak. Unter anderem sei vorgeschlagen worden, mit und für Studierende Veranstaltungen zu den kontroversen Themen des Positionspapiers zu veranstalten. Deutlich widerspricht der Abteilungsleiter dem Vorwurf, man habe Schwierigkeiten mit Meinungsäußerungen von Mitarbeitern. Er sei "zutiefst unglücklich" über die Dynamik, die die Situation entwickelt habe: "Wir haben uns von Beginn an eine friedliche Lösung der Auseinandersetzung gewünscht. Umgekehrt hoffe ich auch auf Verständnis dafür, dass wir auch als Arbeitgeber unsere Regelwerke beachten müssen."
Zu den Unterstützern des am Montag veröffentlichten offenen Briefs gehören verschiedene Organisationen aus dem Umfeld der Universität Köln, darunter der Allgemeine Studierendenausschuss und die Evangelische Studierendengemeinde, die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Hochschulgemeinden, mehrere Verbände, darunter die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands, die Katholische Studierende Jugend und der Diözesanverband Köln des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) sowie die Initiative Maria 2.0 und der Katholikenausschuss in der Stadt Köln.
Der Konflikt um das Positionspapier "Wir wollen glaubwürdig bleiben" wurde im November öffentlich, nachdem die Evangelische Studierendengemeinde nach der zwangsweisen Abschaltung der Webseite der KHG Köln das Papier mit einer Solidaritätsadresse ins Netz gestellt hatte. (fxn)