Rückendeckung für künftige Segnung homosexueller Paare
Bislang lehnt die katholische Kirche die Segnung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften ab. Doch wie lange noch? Der Limburger Bischof Georg Bätzing, seit März 2020 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), sucht in dieser Frage schon länger nach Lösungen. Mehrfach hat er deutlich gemacht, dass er sich eine kirchliche Segnung für Paare vorstellen kann, die nicht kirchlich heiraten dürfen - auch für homosexuelle Paare. "Wir brauchen hierfür Lösungen, die nicht nur im Privaten greifen, sondern auch eine öffentliche Sichtbarkeit haben - aber deutlich machen, dass keine Ehe gestiftet wird", sagte Bätzing Ende Dezember im Interview der "Herder Korrespondenz" (Januar).
Im Bistum Limburg hat Bätzing deshalb schon vor zwei Jahren einen Beratungsprozess gestartet, um sich in dieser Frage positionieren zu können - wennmöglich mit einer breiten Rückendeckung von Theologen. Inzwischen scheint diese Rückendeckung eingetroffen zu sein.
Der Beratungsprozess trägt den Titel: "Paare, die nicht kirchlich heiraten können oder wollen, bitten um Segen - was tun?" Auslöser war ein Thesenpapier von Frankfurts katholischem Stadtdekan Johannes zu Eltz vom Januar 2018. Darin heißt es, dass es "theologisch begründete Segensfeiern" für homosexuelle Paare und auch für andere Paare geben könne, denen eine katholische Eheschließung nicht möglich sei - also etwa für Paare, die nach einer Scheidung wieder zivil heiraten. Dieses Thesenpapier fand Bätzing so beachtenswert, dass er im Zuge des Beratungsprozesses zahlreiche Theologen um ihre Meinung fragen ließ, darunter Exegeten, Moraltheologen und Kirchenrechtler.
32 von 38 Theologen signalisierten Zustimmung zu Segnung
"38 Theologinnen und Theologen sind um eine Stellungnahme gebeten worden", sagte der Limburger Bistumssprecher Stephan Schnelle auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Einige der Theologen wiesen dazu auf eigene Publikationen hin, andere antworteten ausführlich. Dem Vernehmen nach haben 32 der 38 Theologen ihre Zustimmung zum Thesenpapier von zu Eltz signalisiert, nur 6 der Wissenschaftler haben sich mit Blick auf die aktuelle kirchliche Lehre skeptisch oder ablehnend geäußert. Laut geltender katholischer Lehre ist es zwar keine Sünde, homosexuell zu empfinden, homosexuelle Handlungen sind aber "in sich nicht in Ordnung".
Eine von Bätzing eingesetzte Projektgruppe unter Leitung der Bistums-Familiendezernentin Beate Gilles hat inzwischen die Erkenntnisse aus dem Beratungsprozess an Gremien des Bistums weitergeleitet. Es seien "entsprechende Beschlüsse gefasst worden, die dem Bischof vorliegen", sagte Schnelle. Der Inhalt der Beschlüsse ist noch nicht öffentlich. Gut möglich aber scheint, dass darin eine neue Sicht auf die Homosexualität gefordert wird - und dass Bätzing sich genau dafür einsetzen soll, etwa beim Reformprojekt Synodaler Weg.
Dem Limburger Bischof ging es vor allem um eine fachliche Bewertung - wobei auch die Meinung der Theologen zu psychologischen und humanwissenschaftlichen Erkenntnissen über Homosexualität interessierte. Eine Veröffentlichung der erbetenen Theologen-Stellungnahmen war seitens des Bistums nicht vorgesehen. Deshalb kam es überraschend, dass ein einzelnes Gutachten, das des Theologen Karl-Heinz Menke, jüngst in der Wochenzeitung "Die Tagespost" zu lesen war.
Menke schloss darin die kirchliche Segnung homosexueller Paare kategorisch aus. "Die Kirche darf und kann auch im Einzelfall nicht das Gegenteil von dem tun, was sie dogmatisch und kirchenrechtlich für verbindlich erklärt hat", schrieb der emeritierte Bonner Professor für Dogmatik. Das Bedürfnis homosexueller oder zivil wiederverheirateter Paare "nach kirchlicher (Ab)segnung ihrer irregulären Verbindung", so Menke, sei kein Argument. Die Kirche sei "kein Service-Unternehmen", so der 70-Jährige, dessen Wort als Mitglied der Internationalen Theologenkommission des Vatikan auch über Deutschland hinaus Gewicht hat.
Segnungen zählen zu den "Sakramentalien"
Ganz anders hatte der Frankfurter Stadtdekan zu Eltz in seinem Thesenpapier argumentiert. Verbindliche homosexuelle Partnerschaften verdienten Respekt, denn auch in ihnen gebe es "sittlich Gutes: Treue, Fürsorge, Verantwortung, Verpflichtung". Dieses Gute verdiene gutgeheißen zu werden: "Es ist, wo Glauben ins Spiel kommt, segenswürdig." Einer Segensfeier - so zu Eltz - könnten neben Priestern und Diakonen auch Männer und Frauen vorstehen, die vom Bischof als Gottesdienstleiter beauftragt seien.
Segnungen sind keine Sakramente, ihr Wirkungskreis ist daher offener, auch Nichtkatholiken können gesegnet werden. "Jeder getaufte Christ, jede getaufte Christin" könne eine andere Person "mit dem Zeichen Christi" - dem Kreuzzeichen - segnen, schreibt Menke. Eltern können ihre Kinder segnen, oder Ehepartner einander. Segnen könne man auch einen Gegenstand, etwa einen frischen Laib Brot oder einen Strauß Kräuter. Es gebe aber auch "Segnungen, die in der Regel ein geweihter Amtsträger der Kirche vollzieht", so Menke.
Kirchenrechtlich zählen die Segnungen zu den "Sakramentalien", deren Spendung weniger detailliert geregelt ist als jene der Sakramente. Völlig frei ist ihre Ausgestaltung freilich nicht. So hält der Kirchenrechtskanon 1167 fest: "Neue Sakramentalien einführen oder anerkannte verbindlich auslegen, einzelne von ihnen abschaffen oder verändern, kann allein der Apostolische Stuhl."