Eine neue monumentale Basilika für Budapest?
Das Projekt kursiert schon seit Jahren. Für den bekannten Architekten Imre Makovecz (1935-2011) war der Kirchenbau eine Herzensangelegenheit; eine seiner letzten großen Arbeiten im Rahmen eines Architekturwettbewerbs 2004. Dieser Tage spuken die Pläne wieder durch die ungarischen Medien: eine neue monumentale Basilika für Budapest!
Vor allem Makovecz' Familie und einflussreiche Kreise treten vehement für den Bau mit einem 70 Meter hohen Turm ein, dessen Größe etwa mit der bekannten Matthiaskirche auf dem Burgberg vergleichbar wäre. Manche sprechen von einem "nationalen Pantheon", das entstehen könnte. Als ursprünglich geplanter Standort wurde der Vilmos-Apor-Platz im 12. Stadtbezirk genannt, benannt nach dem 1945 erschossenen, später seliggesprochenen Bischof von Györ. Auch die Zitadelle auf dem Gellertberg wurde als möglicher Ort ventiliert.
Einer der kreativsten Architekten der Gegenwart
Aber warum Makovecz? Der Nonkonformist zählte zu den kreativsten Architekten der Gegenwart. Neben einer sehr außergewöhnlichen Optik besitzen seine Bauten eine visionäre Kraft, die aus der Tiefe der europäischen Volkskunst und der Natur schöpft. Aus der Welt als "Abbild des Göttlichen" schuf Makovecz eine organische Architektur für den Menschen und seine geistigen Bedürfnisse. Die Volkskunst sah er dabei nicht als folkloristischen Steinbruch, sondern als Wiederentdeckung längst vergessenen Wissens. Seine baulichen Metaphern sollten das Geistige sichtbar machen. Sein Credo: "Die Architektur hat uns Menschen schon immer eine einzige Aufgabe gestellt: den Himmel mit der Erde zu verbinden."
In der gleichmacherischen Architekturproduktion des "sozialistischen Realismus" war Makovecz' Nonkonformismus gleichsam ein Sakrileg. Er traute jenen Architekten nicht, die behaupteten, ein Bauprogramm könne wie eine mathematische Funktion erlernt werden, und es genüge, seine Elemente richtig zusammenzufügen, um ein intelligentes und zeitgemäßes Haus zu bauen. Mehr als ein Mal musste der "Querkopf" nach Schwierigkeiten mit seinen Vorgesetzten einen staatlichen Posten aufgeben. Doch immer wieder taten sich Nischen auf, in denen er freie Hand bekam. Das Wesen des kommunistischen Kulturverständnisses sah Makovecz in der Vernichtung: "Diesen Leuten war fremd, ja verhasst, was man in Europa für schön und würdevoll hielt." 1969 gründete er eine private "Architekturschule", wurde von der Polizei bespitzelt und verhört.
Von der Wetterstation bis zum Kulturzentrum, vom Hallenbad bis zur Hallenkirche: Makovecz' Vielfalt wirkt ungewohnt und doch merkwürdig vertraut. Die geschwungenen Formen erinnern zuweilen an Antoni Gaudi und den Jugendstil – dem jedoch Makovecz' Verehrung für die Symmetrie grundlegend widerspricht. Sein Lieblingsmaterial Holz kam auch in seinen vielen Sakralbauten zum Tragen: in Kirchen verschiedener Konfessionen oder in Aussegnungshallen, die etwa einem riesigen menschlichen Brustkorb nachempfunden sind.
Seit den Zeiten des "Gulasch-Kommunismus" der 1980er Jahre und erst recht seit der Wende 1989 erntete er auch international die Früchte seiner Arbeit. Verstärkt richtete er sein Augenmerk auf die Wiederherstellung der dörflichen Siedlungen in Ungarn und den Nachbarländern Slowakei, Rumänien, Slowenien und Serbien. Vor Projekten, Ausstellungen und Auszeichnungen konnte er sich kaum retten. Makovecz war Ehrenmitglied nationaler Architektenvereinigungen in den USA (1987), Deutschland (1992) und Großbritannien (1998), baute Ungarns EXPO-Pavillon 1992, erhielt die höchste staatliche Kulturauszeichnung, den Kossuth-Preis (1990), und war Präsident der Ungarischen Akademie der Künste. 2001 stellte er in der Universität La Sapienza in Rom aus.
Kaum Begeisterung bei Budapests Kardinal Peter Erdö
Sein Sohn Pal Makovecz, der auch Präsident der Imre-Makovecz-Stiftung ist, sagte zuletzt in Interviews, das geplante Gotteshaus in Budapest könnte in rund zehn Jahren Bauzeit errichtet werden. Viele private Spender seien an ihn herangetreten. Auch Kirche und Staat sollten sich hinter den Bau stellen.
Doch der Budapester Kardinal Peter Erdö zeigt sich wenig begeistert. Die Hauptstadtdiözese habe mit der Stephans-Basilika und mit der Kathedrale in Esztergom bereits zwei Bischofskirchen; und überhaupt sei ein Kirchenbauprojekt in einer solchen Dimension derzeit finanziell wie auch pastoral fehl am Platz, sagte Erdö dem Portal "Valasz.hu". Vonseiten des Staates sei niemand an ihn herangetreten. Als ihn das Architektenbüro Makovecz und die Familie im Herbst über die Pläne informierten, habe er Experten zusammengerufen und sie um ihre Meinung gebeten. Ihr Fazit: Es gebe genügend Kirchen, um die Seelsorge sicherzustellen. Zudem würde es wohl einen "unermesslichen" Betrag benötigen, um das Projekt zu realisieren, so der ungarische Primas. Schon die laufenden Renovierungen im Erzbistum seien eine "riesige Herausforderung", wie man an den seit Jahren laufenden Arbeiten an der Kathedrale in Esztergom sehen könne. Dies stelle aber, so betont der Kardinal, den künstlerischen Wert des Makovecz-Entwurfs keinesfalls in Frage. Was wohl so viel heißt wie: Träumen muss natürlich erlaubt sein.