Architekturprofessorin: Zahl leerstehender Kirchen größer als bekannt
Die Stadtplanerin und Architekturprofessorin Kerstin Gothe hat dafür plädiert, angemessene Nachnutzungen für entwidmete Kirchen zu finden. "Die Anzahl leerstehender oder untergenutzter Kirchen ist größer als öffentlich bekannt", sagte Gothe am Montag zum Auftakt eines internationalen Symposiums zu Kirchenumnutzungen der Volkswagenstiftung in Hannover. Kirchenumnutzungen seien eine riesige Herausforderung, an den Universitäten friste das Thema allerdings noch ein Nischendasein. Gothe ist Leiterin des Fachgebietes Regionalplanung und Bauen im Ländlichen Raum am Institut für Technologie in Karlsruhe.
An dem Symposium nehmen bis zum Mittwoch rund 350 Expertinnen und Experten aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, der Schweiz und Großbritannien teil. Sie wollen das Thema erstmals im europäischen Vergleich diskutieren und gemeinsam neue Perspektiven für die weitere Nutzung ehemaliger Kirchenbauten entwickeln. Eigentlich sollte die Veranstaltung bereits im vergangenen Jahr als Kongress in Hannover stattfinden – wegen der Corona-Pandemie wird sie nun als Videokonferenz nachgeholt.
Gemeinschaftsorientierung bei neuen Nutzungen beachten
Gothe plädierte dafür, die Gemeinschaftsorientierung bei der Suche nach neuen Nutzungen in den Mittelpunkt zu stellen: "Kirchengebäude haben immer den Gemeinschaften gedient, in deren Mitte sie errichtet wurden." Neue Nutzungen von Kirchen könnten neue Chancen eröffnen: für Kommunen, für die Gesellschaft und auch für die Religionsgemeinschaften.
Europaweit müssen immer mehr Gemeinden ihre Kirchen als sakrales Gebäude aufgeben oder anders nutzen, weil ihre Mitgliederzahlen und finanziellen Ressourcen zurückgehen. So wurden zahlreiche Kirchengebäude verkauft und entwidmet. In Hannover etwa wurden in den vergangenen Jahren zwei evangelische Kirchen zu Synagogen umgebaut. In einer weiteren früheren Kirche wohnen jetzt Studierende. In Großbritannien oder den Niederlanden wurden Kirchen auch zu Supermärkten, Restaurants oder Konzerthallen umfunktioniert. Länderspezifische Unterschiede im Blick auf Recht und Finanzen hätten in Europa zu verschiedenen Wegen bei der Umnutzung von Kirchen geführt, hieß es bei dem Symposium. (stz/epd)