Erzbischof Gadecki: Für die Umkehr der Ausgetretenen beten
Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz und Posener Erzbischof Stanislaw Gadecki hat dazu aufgerufen, für die Polen zu beten, die derzeit der Kirche den Rücken kehren. "Ich bitte darum für diejenigen, die vor kurzem ihren Abfall von Gott und der Kirche erklärt haben, indem sie ihren Pfarrern Erklärungen der Apostasie übergeben haben", schreibt Gadecki in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit, aus dem das britische katholische Magazin "The Tablet" am Dienstag zitierte. Für die, die aus der kirchlichen Gemeinschaft austräten, gebe es noch einen Weg zurück. "Dieser führt aber nur über Umkehr, deshalb bitte ich um Gebet und Fasten für solche Anliegen", so der Erzbischof.
Laut Gadecki haben viele Polen ihren Entschluss zum Austritt damit begründet, dass sie überhaupt keinen Kontakt zu ihrer Pfarrei und kein sakramentales Leben hätten. Einige hätten mitgeteilt, es nicht akzeptieren zu können, dass sie als Kinder vor der Volljährigkeit "zwangsgetauft" wurden. Der Posener Erzbischof räumte ein, dass viele Katholiken wegen eines "Mangels an verständlichem Zeugnis" dem Glauben abgeschworen hätten. "Manchmal haben solche Menschen die Prinzipien der christlichen Moral nicht eingehalten, fühlen sich aber dennoch durch die Sünden von Kirchenleuten beleidigt, während einige, die Apostasieerklärungen abgeben, auch durch antikirchliche Propaganda getäuscht wurden."
Austrittserklärung beim Ortspfarrer einreichen
Das bestehende Kirchenaustrittsverfahren in Polen wurde 2015 von der Polnischen Bischofskonferenz beschlossen und gilt seit 2016. Eine Person, die die Kirche verlassen möchte, muss eine schriftliche Absichtserklärung sowie die Taufurkunde beim örtlichen Priester einreichen. Zuvor war es erforderlich, sich zweimal mit dem Priester zu treffen sowie Zeugen mitzubringen. Polen gilt als traditionell katholisches Land, allerdings lässt die Kirchenbindung der Bevölkerung seit Jahren nach. Zählte die Kirche im Rekordjahr 1987 noch 53,3 Prozent Messbesucher, sank die Zahl seither fast kontinuierlich. 2019 waren es 36,9 Prozent.
Auch die katholische Kirche in Polen steht seit mehreren Jahren aufgrund des Bekanntwerdens zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs durch Kleriker unter Beschuss. Mehreren Bischöfen wird vorgeworfen, diese vertuscht zu haben. Zuletzt hatte eine Umfrage ergeben, dass sich die Mehrheit der Polen für einen Rücktritt aller katholischen Oberhirten des Landes ausspricht. Auch Politiker üben zunehmend Kritik an der Aufarbeitung des kirchlichen Missbrauchsskandals. (mal)