"So sehr": Liebe, die das Licht nicht scheut
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Impuls von Schwester Birgit Stollhoff
Es klingt wie in einem Krimi: Die Verdächtige wird gefangen genommen. Und weil das eine fromme und im Volk beliebte Frau, gar eine Ordensschwester ist, bietet man ihr an, sie in der Nacht abzuholen, im Dunkeln. Dann sehen es die Leute nicht, ihr bleibt die Schande erspart. Wie hat die Verdächtige reagiert? Mit einem fast schon provokativen Satz "Ich habe immer das Licht geliebt und alle meine Handlungen bei Licht getan."
Die Verdächtige ist unsere Ordensgründerin Mary Ward und sie verbrachte einige Monat in Haft wegen des nie bestätigten Verdachts der Häresie. Wer weiß, dass sein Tun lauter ist, gerecht und wahr, der muss die Öffentlichkeit nicht fürchten. Diese Erfahrung hat Mary Ward gemacht und damit steht sie ganz in der Kreuzesnachfolge Jesu.
Jesus hat den Menschen die zentrale Botschaft der Liebe Gottes verkündet, die größer ist als alle Gesetze, als Standes- und Schamgrenzen. Und er hat gezeigt, dass derjenige, der sich für Gottes Sache einsetzt, sich auch unbeliebt macht und zu Unrecht beschuldigt wird – auch von den eigenen Leuten. Liebe und Wahrheit gehören zusammen.
Wie groß ist Gottes Liebe zu uns? Auch das beantwortet das Evangelium: So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er sich selbst, sein Da-Sein in der Welt für uns hingegeben hat. Hingabe ist ein altes, unmodernes Wort. Was meint es? Vielleicht: Einstehen, mit allem was man ist. Sich ganz verschenken, einstehen mit dem ganzen Gewicht der Person und der eigenen Überzeugungen. Alles loslassen für dieses eine Anliegen, diese Menschen.
Hingabe meint die ganze Person, es gibt nicht "ein bisschen Hingabe" oder eine Nine-to-five-Hingabe. "So sehr" ist der Maßstab für unser menschliches Tun, wenn wir behaupten, aus Liebe zu handeln. Wie sehr muss ich die Jugendlichen hier bei der Arbeit lieben - so sehr. Wie sehr soll ich nach einem Streit verzeihen – so sehr. Wie sehr soll ich hoffen, dass Gemeinschaft gelingt – so sehr. Erst, wenn mein Handeln diesem Maßstab standhält, kann ich lauter handeln, gerecht und wahr.
"Wer nicht will, findet Gründe – wer will, findet Wege" – so lautet ein Spruch. Wer versucht, "so sehr" zu lieben wie Gott, der findet immer einen Weg zum Nächsten und zur Wahrheit - und der hat auch den Mut dazu. Und wer jetzt meint, das sei Helden- oder Märtyrer-Sache: nein. Erst die Tage hat mir eine Jugendliche wieder gezeigt, was Mut zur Wahrheit bedeutet, und was es bedeutet, wenn die Verantwortung für den eigenen Aufgabenbereich wichtiger ist als die Meinung Gleichaltriger.
Mut und Einstehen für eine Sache können wir jeden Tag üben, ob im Reagieren auf rassistische Sprüche, im Einhalten von Corona-Maßnahmen oder in der Treue zu hilfsbedürftigen Menschen. Mut ist die Freiheit, "so sehr" die eigene Überzeugung zu vertreten, weil Gott mich "genau so" braucht.
Evangelium nach Johannes (Joh 3,14–21)
In jener Zeit sprach Jesus zu Nikodemus: Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt, in ihm ewiges Leben hat.
Denn Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.
Wer an ihn glaubt, wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt, ist schon gerichtet, weil er nicht an den Namen des einzigen Sohnes Gottes geglaubt hat. Denn darin besteht das Gericht: Das Licht kam in die Welt, doch die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht; denn ihre Taten waren böse.
Jeder, der Böses tut, hasst das Licht und kommt nicht zum Licht, damit seine Taten nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Taten in Gott vollbracht sind.