Verantwortungsträger auf mittlerer und oberster Ebene des Erzbistums betroffen

Köln-Gutachter weist "etliche" Pflichtverletzungen nach

Veröffentlicht am 12.03.2021 um 13:54 Uhr – Lesedauer: 

Düsseldorf ‐ Pflichtverletzungen in "etlichen Fällen" auf mittlerer und oberster Ebene des Erzbistums Köln hat Strafrechtler Björn Gercke festgestellt. Und er betont: "Wenn etwas vertuscht werden sollte, wären wir die Falschen gewesen mit diesem Auftrag."

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Strafrechtler Björn Gercke hat in seinen Missbrauchsuntersuchungen für das Erzbistum Köln Pflichtverletzungen der Bistumsleitung in "etlichen Fällen" festgestellt. Das betreffe Verantwortungsträger auf mittlerer und oberster Ebene des Erzbistums, sagte Gercke der "Rheinischen Post" (Samstag). In einigen Fällen bestehe lediglich ein Anfangsverdacht. "Natürlich gibt es Akten, da kribbelt es, da denkt man: Da ist etwas - kann es aber nicht belegen", so Gercke.

"Wenn etwas vertuscht werden sollte, wären wir die Falschen gewesen"

Dem Eindruck des Strafrechtlers zufolge nimmt das Erzbistum die Aufarbeitung von Missbrauch ernst. Es solle nichts zurückgehalten werden. "Wenn etwas vertuscht werden sollte, wären wir die Falschen gewesen mit diesem Auftrag. Wir haben auch einen Ruf zu verlieren, und als Professor habe ich da auch einen wissenschaftlichen Anspruch", betonte Gercke.

Im Erzbistum Köln wird seit Monaten um die öffentliche Aufarbeitung früherer Fälle sexuellen Missbrauchs durch Geistliche gerungen. Dabei geht es auch darum, Verantwortliche zu benennen, die Täter geschützt und Verbrechen vertuscht haben. Ein erstes Aufarbeitungs-Gutachten hat Kardinal Rainer Maria Woelki nicht veröffentlichen lassen, weil er es für fehlerhaft und nicht rechtssicher hält; zugleich beauftragte er Gercke mit einem zweiten Gutachten.

Seine Ergebnisse stellt der Honorarprofessor an der Universität Köln am Donnerstag in einer Pressekonferenz vor. Eigenen Angaben zufolge werteten er und sein Team 236 Aktenvorgänge zwischen 1975 und 2018 aus. Nach der Veröffentlichung des neuen Gutachtens soll ab dem 25. März auch das wegen äußerungsrechtlicher Bedenken nicht veröffentlichte erste Gutachten zur Einsichtnahme bereitgestellt werden. Betroffene, Medienvertreter und die Öffentlichkeit könnten dann selbst einen Vergleich zwischen den beiden Gutachten ziehen, teilte das Erzbistum mit. Woelki kündigte unterdessen an, nach der Vorstellung des Missbrauchsgutachtens Führungskräfte im Erzbistum gegebenenfalls vorläufig von ihren Aufgaben zu entbinden. (tmg/KNA)