Antwerpener Bischof an Vatikan: Uns reicht's!
Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat der Antwerpener Bischof Johan Bonny das vatikanische Verbot zur Segnung homosexueller Partnerschaften kritisiert. Nach den Skandalen der vergangenen Jahre sei "entscheidend, das Vertrauen der Gläubigen wiederzugewinnen, und deshalb sagen wir belgischen Bischöfe 'genug ist genug!'", sagte Bonny dem Portal CathoBel (Donnerstag). Es brauche einen aufrichtigen synodalen Prozess. Offenheit sei, dem Beispiel Jesu folgend, von grundlegender Bedeutung.
In dem Interview präzisiert Bonny noch einmal seine erste mediale Reaktion vom Dienstag, als er der Zeitung "De Standaard" sagte, er schäme sich für seine Kirche und sei wütend. Seiner Position hatte sich auch die Belgische Bischofskonferenz angeschlossen. "Wir wollen keinen Krach machen, aber wir wollen Konflikte oder Spaltungen immer vermeiden, indem wir die Möglichkeit und Notwendigkeit von Kompromissen oder Konsens hervorheben", so Bonny im Gespräch mit CathoBel; und weiter: "Wenn wir Belgier wütend sind, dann weil wir wissen, dass es einen möglichen Mittelweg gibt." Ein "einvernehmlicher synodaler Weg" setze aber voraus, "dass jeder sprechen kann und wir einen Konsens suchen".
Vatikan versuche, synodalen Prozess insbesondere in Deutschland zu behindern
Er sei überrascht, so der Antwerpener Bischof, dass die Glaubenskongregation versuche, den synodalen Prozess insbesondere in Deutschland zu behindern, und nicht auf das Projekt eingehen wolle. Bonny fordert, dass die Kirche "die Wahrheit des wirklichen Lebens" und dessen Vielfalt anerkenne. Der Ton der gesamten Bischofssynode über die Familie im Vatikan 2015 sei gewesen, dass "jeder mit seiner eigenen Identität leben und das Glück erfahren kann, das Gott für Menschen, Männer und Frauen will". Er wünschte sich eine echte weiterführende Debatte; das Wesen des Glaubens werde dadurch nicht beeinflusst. Aber es gelte anzuerkennen, "dass sich die Zeiten geändert haben".
"Wenn wir von 'Sünde' sprechen, wo es um irreguläre Verhältnisse mit Blick auf unser Eheverständnis geht", sagt Bonny, "so ist davon tatsächlich die Mehrheit unserer Gläubigen betroffen." Es gehe nicht nur um Homosexuelle, sondern auch um alle, die anders zusammenleben, also auch Geschiedene etc. "Die Hälfte der Kirche in meiner Diözese lebt also demnach in Sünde", so der Bischof. Zugleich betont Bonny, dass ein Segen für Homosexuelle nicht mit dem für Hunde, für Fabriken, Autos usw. gleichgesetzt werden dürfe. Das sei eine Frage der Würde. Es sei wichtig, eine solche Bitte von homosexuellen Paaren darauf zu prüfen, ob mit diesem Segen dieselbe Erwartung wie nach dem kirchlichen Eheverständnis einhergehe. Dies müsse der angefragte Priester unterscheiden.
Die Glaubenskongregation hatte am Montag erklärt, dass die katholische Kirche keine Vollmacht habe, homosexuelle Partnerschaften zu segnen. Zwar sei bei solchen Initiativen "der aufrichtige Willen" zu erkennen, "homosexuelle Personen anzunehmen, sie zu begleiten und ihnen Wege des Glaubenswachstums anzubieten", heißt es in dem Papier. Da aber die Verbindungen von homosexuellen Paaren nicht dem göttlichen Willen entsprächen, könnten sie nicht gesegnet werden. Das sei auch die Position von Papst Franziskus. Mehrere deutsche Bischöfe, katholische Verbände und Theologen kritisierten die Entscheidung, andere begrüßten sie. An einer Unterschriftenaktion für die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften haben sich bereits mehr als 1.000 Menschen beteiligt, ein Großteil davon Priester und andere Seelsorger. (tmg/KNA)