Kirche habe nur mit mystischer Identität Zukunft

Moraltheologe Schallenberg: Reformen werden Kirchen nicht füllen

Veröffentlicht am 30.03.2021 um 13:14 Uhr – Lesedauer: 

Greven ‐ Weltweit verlieren Religionen an gesellschaftlicher Bedeutung – auch Reformen könnten das nicht ändern, betont der Moraltheologe Peter Schallenberg. Für die Zukunft der Kirche sei etwas anderes wichtig: Mystik und Gottesbeziehung.

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Der Moraltheologie Peter Schallenberg geht davon aus, dass die Kirchen durch Reformen nicht voller werden. In einer Veranstaltung des Verbands der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV) wies Schallenberg darauf hin, dass die katholische Kirche zunehmend an Bedeutung verlieren werde. "Diesen Prozess werden wir durch interne Reformen nicht stoppen, sondern nur gestalten können", so der Theologe, der auch Geistlicher Beirat des KKV ist.

Die Kirche müsse sich künftig stärker auf ihre "mystische Identität" besinnen, während ihre Rolle als soziale Institution abnehmen werde. Dieser Prozess sei durch Skandale und die Corona-Pandemie nicht ausgelöst, sondern lediglich beschleunigt worden. Er stelle auch kein spezifisch deutsches oder spezifisch katholisches Phänomen dar. Weltweit verlören die Kirchen an gesellschaftlicher Bedeutung. Ein Blick auf die evangelische Kirche zeige zudem, dass auch die Abkehr vom Zölibat oder die Zulassung von Priesterinnen keine Wege seien, die gesellschaftliche Bedeutung der Kirche zu steigern. "Wir müssen uns als katholische Kirche vielmehr darauf konzentrieren, der christlichen Mystik wieder mehr Raum zu geben", so Schallenberg.

Kein staatliches Interesse an Kirchgang

Die sinkende gesellschaftliche Relevanz von Religion erkläre auch, warum Politiker Gläubigen als Corona-Schutzmaßnahme von der Teilnahme an Präsenz-Gottesdiensten abraten. "Religion ist in unserem Staat und in unserer säkularisierten Gesellschaft eine Privatsache", so Schallenberg. "Es besteht grundsätzlich kein staatliches Interesse an den Kirchenbesuchen zu den Osterfeiertagen."

Peter Schallenberg hat seit 2008 den Lehrstuhl für Moraltheologie und Ethik an der Theologischen Fakultät Paderborn inne und leitet seit 2010 die Katholische Sozialwissenschaftlichen Zentralstelle (KSZ) in Mönchengladbach. Seit 2012 ist er Geistlicher Beirat des 1877 als "Katholischer Kaufmännischer Verein" gegründeten Verbands der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung, der heute nach eigenen Angaben etwa 60 Ortsgruppen in Deutschland mit insgesamt gut 5.500 Mitgliedern hat. Schallenberg wurde 2018 als Konsultor des vatikanischen Dikasteriums für die ganzheitliche Entwicklung des Menschen berufen. (fxn)