Mitglieder monieren mangelhafte Einbindung in Aufarbeitungsprozess

Missbrauch: Auflösung des EKD-Betroffenenbeirats steht im Raum

Veröffentlicht am 07.05.2021 um 16:49 Uhr – Lesedauer: 

Hannover ‐ Seit Monaten verläuft die Zusammenarbeit zwischen Missbrauchsbetroffenen und der Evangelischen Kirche in Deutschland holprig. Fünf Mitglieder des EKD-Betroffenenbeirats sind bereits zurückgetreten. Nun droht seine Arbeit "ausgesetzt" zu werden.

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Bei der Aufarbeitung und Prävention von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche steht die Arbeit des Betroffenenbeirats infrage. "Mit Sorge haben wir wahrgenommen, dass innerhalb kurzer Zeit fünf der ursprünglich zwölf Mitglieder des Betroffenenbeirats zurückgetreten sind. Zudem wurde aus dem Gremium heraus selbst ein Antrag auf Auflösung gestellt", sagte der Sprecher des Beauftragtenrates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christoph Meyns, am Freitag. Zugleich betonte er, dass die Beteiligung von Betroffenen an der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt für die evangelische Kirche "zentral und unverzichtbar" sei.

Meyns reagierte damit auf eine Berichterstattung des Nachrichtenmagazins "Spiegel". Laut "Spiegel" geht aus einem internen Schreiben der EKD hervor, dass die Tätigkeit des Beirats "ausgesetzt" werden soll. Eine Weiterarbeit sei nicht möglich, weil das Gremium nicht mehr die ganze Bandbreite von Perspektiven Betroffener abbilde. Es brauche einen Neustart.

Laufende Gespräche

Meyns sagte, dass der Beauftragtenrat derzeit Gespräche sowohl mit den zurückgetretenen als auch den verbliebenen Mitgliedern des Betroffenenbeirats führe, um Partizipation von Betroffenen an den laufenden Prozessen zu gewährleisten und die Betroffenenbeteiligung auch langfristig sicherzustellen. Die evangelische Kirche sei auf das Erfahrungswissen der Betroffenen angewiesen. "Dafür müssen wir gerade auch mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Perspektiven von Betroffenen die bisherigen Erfahrungen auswerten und die Formen überprüfen", sagte der Braunschweiger Bischof. Zu den laufenden Gesprächen wollte sich die EKD nicht äußern.

Schon seit Monaten knirscht es in der Zusammenarbeit zwischen dem amtierenden Betroffenenbeirat und dem Beauftragtenrat der EKD. Mitglieder des Betroffenenbeirats hatten der EKD wiederholt eine mangelnde Beteiligung von Opfern bei der Aufarbeitung von Missbrauch vorgeworfen. Betroffene würden nur unzureichend in Beratungen eingebunden, es fehle an Information und Partizipation, hatten Mitglieder des Betroffenenbeirats im März moniert.

Bild: ©picture alliance/Christian Ohde (Symbolbild)

In der Zusammenarbeit zwischen dem amtierenden Betroffenenbeirat und dem EKD-Beauftragtenrat gibt es seit Monaten Misstöne.

Die Betroffenen kritisierten, dass die versprochene Berücksichtigung ihrer Expertise nicht stattfinde. So habe der Beauftragtenrat noch nicht einmal um eine Stellungnahme des Betroffenenbeirats gebeten. Die EKD hatte den Vorwürfen widersprochen.

Der Betroffenenbeirat der EKD kam erstmals im September vergangenen Jahres zusammen. Die EKD hatte ihn berufen, um Opfer sexualisierter Gewalt in der Kirche an Vorhaben zur Aufarbeitung, Entschädigung und Prävention zu beteiligen. Das Gremium soll als Gegenüber den Beauftragtenrat – das von der EKD wegen Missbrauchsfällen einberufene Gremium mit Geistlichen und Kirchenjuristen – beraten.

Die EKD hatte im November 2018 einen Elf-Punkte-Plan zur Aufarbeitung von Missbrauch in ihren Reihen beschlossen, dazu gehören wissenschaftliche Studien, die Einrichtung des Beauftragtenrates und die Gründung eines Betroffenenbeirates. Bislang sind mehr als 800 Fälle sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche bekannt. (epd)