Vor 550 Jahren wurde der berühmte Maler der betenden Hände geboren

Albrecht Dürer: Künstler, Geschäftsmann, mittelalterlicher Superstar

Veröffentlicht am 21.05.2021 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN

Nürnberg ‐ Sein Selbstbildnis, der Feldhase und natürlich die betenden Hände: Fast jeder Deutsche kennt seine Werke. Vor 550 Jahren wurde Albrecht Dürer geboren – und erfüllt doch wie kaum ein anderer das Künstler-Ideal unserer Zeit.

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Langes, lockiges Haar, eine Pose, wie sie sonst nur Königen und dem Sohn Gottes vorbehalten war. So hat sich Albrecht Dürer im Jahr 1500 selbst gemalt. "Frech, mutig, Christus-gleich", sagt Thomas Eser. "Dazu kommen schicke Klamotten, langes Haar, ein bisschen extravagant", fährt der Dürer-Experte und Direktor der Museen der Stadt Nürnberg fort. Der Meister passe sicher mehr als viele andere Künstler genau auf das, was in Deutschland seit 200 Jahren als Künstlertum verstanden werde.

Dabei wurde Dürer schon vor genau 550 Jahren am 21. Mai geboren, was in seiner fränkischen Heimstadt entsprechend gefeiert werden soll. Bei Dürer dürfen Superlative nicht fehlen: Deutschlands berühmtester Grafiker, Renaissance-Maler und Kunst-Theoretiker, schon zu Lebzeiten um 1520 europaweit der berühmteste Nürnberger und ein nationaler Held, wichtig für die deutsche Seele. Das alles will Eser nicht unter den Teppich kehren und doch einen Dürer zeigen, der mehr ist als nur sein Werk, "ihn ein bisschen vom Denkmal-Sockel runterholen", sagt der promovierte Kunstgeschichtler. Wie konnte aus dem Sohn eines aus Ungarn eingewanderten Goldschmieds der Superstar Dürer werden?

Verantwortlich dafür sei das Nürnberg an der Schwelle zwischen Mittelalter und Neuzeit, sagt Eser. Eine Art "Silicon Valley-Stimmung" habe damals geherrscht. In der fränkischen Stadt drehte sich viel um den gerade erst erfundenen Buchdruck, ein neues Medium. Dazu gesellten sich wohlhabende Stifter: Kaufleute, "das unternehmerische Nürnberg". Eser spricht von "innovativen Individuen" und den Aufstiegs- und Etablierungschancen für Zugewanderte.

Betende Hände erst spät populär geworden

Der Druck sorgte auch für Dürers wirtschaftlichen Erfolg, etwa mit dem Apokalypse-Zyklus, berichtet der Museums-Chef, der auch für das Dürer-Haus zuständig ist. In dem mächtigen Fachwerkhaus lebte und arbeitete Dürer von 1509 an bis zu seinem Tod 1528. Wie teuer die Werke des Meisters schon zu Lebzeiten waren, lässt sich daran bemessen, dass zwei Flügel eines Altars so viel kosteten wie das Bürgerhaus.

Den Künstler trieben aber auch viele andere Themen um. "Seine Leistung ist: Er hat Künstlertum als Beschäftigung mit allem verstanden, was ihn umgibt. 24 Stunden, sieben Tage." Dazu gehörten Religionsfragen ebenso wie Philosophie und Naturwissenschaft. Was ist wahrhaftig, wie bilde ich Wirklichkeit täuschend echt hab? Der berühmte Hase als Naturstudie erzählt von seinem "fast mikroskopischen Blick", erklärt Eser. Auch die betenden Hände, die erst seit dem 19. Jahrhundert in allerlei Kopien bis hin zu Tattoos auf den Rücken vieler Menschen populär wurden, zeugten von seiner Liebe zum Detail.

Bild: ©picture alliance/akg pixel

Die Gemeinschaft der Heiligen betet die Heilige Dreifaltigkeit an: Auschnitt aus Albrecht Dürers "Allerheiligenbild" aus dem Kunsthistorischen Museum in Wien.

Gleichzeitig überließ Dürer es nicht dem Zufall, dass man sich an ihn erinnert und wie man es tut. "Ein Stratege sondergleichen", sagt der Museums-Direktor. Allein das markante "AD" auf seinen Werken und autobiografischen Schriften sei ein Beleg. Gleichzeitig helfe das Dürer-Haus bei der Rezeption. Es rühmt sich, die älteste kontinuierlich betriebene museale Künstler-Gedenkstätte zu sein. Seit 1828 besteht sie. "Bevor es Dürer-Denkmäler gibt, gibt es das Haus als Denkmal."

In ihm soll auch gefeiert werden, wenn es Corona zulässt. Die Post will einen Sonderstempel auflegen, der Eintritt ins Museum ist frei. Zum Jubiläum sollen auch wechselnd Druckgrafiken von Dürer gezeigt werden. Viele Gemälde von ihm sind dagegen über alle Welt verstreut – eine Folge seines wirtschaftlichen Erfolgs. "Man darf sich seinen Dürer nicht aufdrängen lassen, man muss sich seinen eigenen Dürer schaffen", rät Eser. Angst, dass ihm als Museumsmacher die Ideen für neue Ansätze ausgehen, hat er nicht. Dürer liefere immer wieder Themen, zum Beispiel die Frage: Was ist ein Körper, "quasi: Dürer sucht das Supermodel".

Von Christian Wölfel (KNA)