Renovabis erschrocken über Eskalation der Gewalt durch Belarus-Regime
Das katholische Osteuropa-Hilfswerk Renovabis hat sein Erschrecken über die am Sonntag von Belarus erzwungene Landung eines Ryanair-Flugzeugs in der Hauptstadt Minsk und die dortige Festnahme des regimekritischen Journalisten Roman Protasewitsch geäußert. Zugleich betonte Renovabis-Geschäftsführer Markus Ingenlath am Dienstag gegenüber katholisch.de, dass die neuerliche Eskalation der Gewalt durch die belarussische Regierung "nur die spektakuläre Spitze des Eisbergs" sei. Seit der umstrittenen Präsidentschaftswahl im vergangenen August und den darauf folgenden Massenprotesten gegen die Wiederwahl von Machthaber Alexander Lukaschenko seien die Einschüchterungen, die Unterdrückung und die Verhaftungen von Gegnern des Regimes unvermindert weitergegangen.
Hilfswerk in großer Sorge um die Menschen in Belarus
Die Liste der Maßnahmen, mit denen das Regime seine Macht zu sichern versuche, sei lang, so Ingenlath weiter. Beispielhaft nannte er die Abschaltung von Nachrichtenportalen, die Verhaftung von Journalisten oder die Einstufung der weiß-rot-weißen Farben der oppositionellen Protestbewegung als "extremistisch". "Dies sind alles Zeichen, dass das Regime nun abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit jeglichen Widerstand für die Zukunft im Keim ersticken will", betonte Ingenlath. Zugleich würden Kontakte von belarussischen Organisationen ins westliche Ausland unter pauschalen Verdacht gestellt. Der Renovabis-Geschäftsführer äußerte die Vermutung, dass das Regime mit der Umleitung des Flugzeugs das Signal an seine Kritiker haben senden wollen, dass sie auch im Westen nicht sicher seien.
Das Hilfswerk sei in großer Sorge um die Menschen in Belarus, die sich wegen der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage im Land in zunehmender Not befänden, sagte Ingenlath. Deswegen unterstütze das Hilfswerk weiterhin die Arbeit der katholischen Partner vor Ort, die sich um bedürftige Menschen kümmerten. "Darüber hinaus fordern wir die unverzügliche Freilassung aller politisch Inhaftierten und rufen dazu auf, die Berichterstattung über Belarus weiter zu intensivieren und die Menschen dort nicht zu vergessen. Zugleich bitten wir die Katholiken in Deutschland, für alle Verfolgten in Belarus zu beten."
EKD fordert unverzügliche Freilassung von festgenommenem Journalisten
Die belarussische Regierung hatte den Ryanair-Flug FR4978 von Athen nach Vilnius mit mehr als 100 Menschen an Bord am Sonntag unter Hinweis auf eine offenbar falsche Bombendrohung und mit Hilfe eines Kampfflugzeugs zur Landung in Minsk gezwungen. Dort wurden der regimekritische Journalist Roman Protasewitsch und offenbar auch seine Freundin, die an Bord des Ryanair-Flugzeugs waren, festgenommen. Die Maschine konnte erst nach mehreren Stunden ihren Flug nach Vilnius fortsetzen. Der Vorfall stieß international auf scharfe Kritik. Die Europäische Union (EU) hat als Konsequenz am Dienstag weitreichende Sanktionen gegen Belarus beschlossen. Unter anderem sollen belarussische Fluggesellschaften künftig nicht mehr den Luftraum der EU nutzen dürfen.
Auch die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) verurteilte das Vorgehen des Lukaschenko-Regimes. "Die Entführung von Roman Protasewitsch offenbart die erschreckende Unerbittlichkeit, mit der das Regime all diejenigen verfolgt, die sich in Belarus für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte einsetzen", erklärte die EKD-Auslandsbischöfin Petra Bosse-Huber. Sie erwarte, dass die EU eine "angemessene politische Antwort" auf die Entführung finde und ähnlich gefährdeten Mitgliedern der belarussischen Freiheitsbewegung Schutz biete. "Von den belarussischen Behörden fordere ich, Roman Protasewitsch unverzüglich freizulassen – ebenso wie alle übrigen politischen Gefangenen. Allen Menschen in Belarus, insbesondere den Gefangenen und ihren Familien und Freunden, gilt unsere ganze Aufmerksamkeit und Solidarität", so Bosse-Huber weiter. Die Deutsche Bischofskonferenz wollte sich am Dienstag auf Anfrage von katholisch.de nicht zu dem Vorfall äußern. (stz)