Nach Kinderleichenfund in Kanada: Rufe nach Entschuldigung der Kirche
Nach der Entdeckung der Überreste von 215 Kinderleichen auf dem Gelände eines ehemaligen Heims in für Indigene in Kamloops mehren sich in Kanada die Stimmen, die eine offizielle Entschuldigung der katholischen Kirche für ihre Rolle in dem Internatssystem fordern. Sie habe "in vielen unserer Gemeinden den größten Schaden angerichtet", sagte Angela White, Geschäftsführerin der "Indian Residential School Survivors Society", einem Bericht (Dienstag) auf der Website des kanadischen Senders CBC zufolge. Eine Entschuldigung wäre der erste Schritt zu einer "wahren Versöhnung". Darüber hinaus solle die katholische Kirche "für den Schaden, den sie angerichtet hat", Mittel zur Verfügung stellen, damit die Heilung weitergehen könne, betonte White.
Auch Vertreter andere christlicher Gemeinschaften appellierten an die katholische Kirche. "Praktisch jede Kirche in Kanada war an dieser Katastrophe beteiligt", sagte der anglikanische Geistliche und Autor Michael Coren gegenüber der CBC. "Und das sollte niemals geleugnet werden." Doch die katholische Kirche wird sich seiner Ansicht nach nicht offiziell zu ihrer direkten Beteiligung bekennen, weil sie sich vor den finanziellen und rechtlichen Konsequenzen fürchte.
Heim einst in kirchlicher Trägerschaft
Vergangene Woche war im Umkreis eines früheren Kinderheims im westkanadischen Kamloops bei Radaruntersuchungen ein Massengrab entdeckt worden. Die Todesfälle sind nach Angaben der indigenen Gemeinschaft Tk'emlups te Secwepemc nicht dokumentiert worden; einige der Kinder waren zum Zeitpunkt ihres Todes erst drei Jahre alt. Bei der Einrichtung handelt es sich um ein von der katholischen Kirche 1890 eröffnetes Internat für Söhne und Töchter von indigenen Familien. In den 1950er-Jahren waren dort rund 500 Kinder untergebracht; 1969 übernahmen staatliche Behörden die Leitung, 1978 wurde das Heim geschlossen. Die indigene Gemeinde will nun mit Gerichtsmedizinern und Museen in der Region zusammenarbeiten, um weitere Hintergründe aufzuklären. Vorläufige Ergebnisse werden Mitte Juni erwartet.
Das Internat von Kamloops war eines von 139 Umerziehungsheimen in Kanada. Zwischen 1863 und 1998 landeten mehr als 150.000 indigene Kinder in diesen Einrichtungen. Dort durften sie oftmals ihre Muttersprache nicht sprechen, viele von ihnen wurden misshandelt oder missbraucht. Die Aufarbeitung der Geschehnisse in den Heimen dauern noch an. Unter den Trägern waren auch andere christliche Gemeinschaften. Diese entschuldigten sich bereits offiziell bei der indigenen Gemeinschaft. Katholischen Stellen wird von Juristen vorgeworfen, Akten zurückzuhalten und somit die Aufarbeitung zu behindern.
Nach Bekanntwerden des Fundes hatten kirchliche Vertreter ihre Trauer bekundet. Richard Gagnon, Vorsitzender der Kanadischen Katholischen Bischofskonferenz, schrieb in einer Erklärung: "Die Würde der verlorenen Kleinen zu ehren, verlangt, dass die Wahrheit ans Licht gebracht wird." Der Bischof von Kamloops, Joseph Nguyen, sicherte der indigenen Gemeinschaft in einem Brief Unterstützung zu. Es gebe keine angemessenen Worte der Trauer, um diese "schreckliche Entdeckung" zu beschreiben, hieß es. (mal)