Erzbischof Moulins-Beaufort: Marx' Einsamkeit bedrückt mich
Der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz zeigt sich erschüttert und überrascht über das Rücktrittsgesuch des Münchner Erzbischofs Kardinal Reinhard Marx. "Sein Brief an den Papst stellt die Gründe für die Entscheidung dar - aber seine Einsamkeit bedrückt mich", sagte Erzbischof Eric de Moulins-Beaufort von Reims im Interview der Zeitung "La Croix" (online Freitagabend). In Frankreich hätten alle Bischöfe gemeinsam versucht, der Krise um sexuellen Missbrauch zu begegnen. Bei der Frühjahrsvollversammlung habe man "gemeinsam zu verstehen versucht, was passiert ist, und unsere Verantwortung für Gegenwart und Zukunft wahrzunehmen".
Für Kardinal Marx führt der "Weg aus der Krise" über den sogenannten Synodalen Weg. Dazu sagte der Vorsitzende der Französischen Bischofskonferenz, "das ganze Volk Gottes" sei aufgerufen, gegen diese Missbräuche zu kämpfen. Synodalität bedeute auch das Anhören von Opfern und kompetenten Menschen. Synodalität sei "nicht nur ein sichtbares Ereignis wie eine Synode oder eine Versammlung, sondern in erster Linie ein Sinneswandel für eine aufmerksamere Kirche im Dialog". Marx spricht von einer Sackgasse und einem Wendepunkt für die Kirche. Für Frankreich sieht de Moulins-Beaufort "eher einen positiven Wendepunkt", zumindest in der Reaktion auf sexuellen Missbrauch.
Als Bischof fühle er sich für die ganze Kirche verantwortlich
Was die Frage persönlicher Verantwortung angeht, erklärt sich der Episkopatsvorsitzende in Einklang mit Kardinal Marx. "Als Bischof fühle ich mich für die ganze Kirche verantwortlich", so der Erzbischof von Reims, einst Krönungsstadt der französischen Könige. "Vor langer Zeit war die hierarchisch verfasste Kirche direkt Schuld, wenn sie sich an den Kreuzzügen oder der Inquisition beteiligte." Sexueller Missbrauch aber sei "heimtückischer", sagte de Moulins-Beaufort. Das sei ein Übel, das nicht die Kirche als ganze gewollt und begangen habe, es aber dennoch "nicht vermeiden konnte".
De Moulins-Beaufort ist seit April 2019 Vorsitzender der Bischofskonferenz. Geboren in Landau in der Pfalz als Sohn eines französischen Offiziers, studierte er Politik- und Wirtschaftswissenschaften in Paris sowie katholische Theologie in Brüssel und Rom. Von 2008 bis Sommer 2018 war er Weihbischof und Generalvikar im Hauptstadt-Erzbistum Paris. Dann ernannte ihn Papst Franziskus zum Erzbischof von Reims.
Mit "großem Respekt" reagiert die EU-Bischofskommission COMECE auf den angebotenen Amtsverzicht ihres früheren Vorsitzenden Kardinal Reinhard Marx als Erzbischof von München und Freising. "Seine Entscheidung muss das Ergebnis tiefer und mutiger innerer Einkehr sein", erklärte am Freitagabend Marx' Nachfolger als Vorsitzender der in Brüssel ansässigen Organisation, Kardinal Jean-Claude Hollerich. Diese Entscheidung spiegele "jene Ernsthaftigkeit wider, die stets Marx' Handeln als Seelsorger geleitet" habe. Er bedaure den Rücktritt, so Hollerich, empfinde aber "tiefen Respekt für Kardinal Marx und seine Entscheidung.
Der Jesuit und Luxemburger Erzbischof würdigte auch Marx' Leistungen in seinen sechs Jahren an der Spitze der COMECE. Sein Beitrag als Vertreter für Deutschland und später als Vorsitzender (2012-2018) sei "sehr kostbar" gewesen. Marx habe die Bischofskommission zu einem "dynamischeren Akteur" im Dialog mit den EU-Institutionen und im Einsatz für eine menschlichere Politik im Sinne des Gemeinwohls gemacht.
In der COMECE sind die Bischofskonferenzen der 27 EU-Mitgliedstaaten vertreten. Sitz des Sekretariats ist Brüssel. Die Kirchenvertreter dort halten Kontakt zu Parlamenten und Regierungen, um Politik im Sinne der kirchlichen Soziallehre mitzugestalten. (KNA)