Es gelte auch, Dinge loszulassen

Bischof Gerber sieht Kirche vor entscheidender Weichenstellung

Veröffentlicht am 07.06.2021 um 13:19 Uhr – Lesedauer: 

Fulda ‐ "Nehmen wir den unbequemen Diskurs mit den Fragen der Menschen unserer Tage an und gehen wir damit das Risiko ein, dass sich die Gestalt unserer Kirche verändert?", fragt der Fuldaer Bischof Michael Gerber.

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Die Kirche steht nach den Worten des Fuldaer Bischofs Michael Gerber vor einer entscheidenden Weichenstellung. "Nehmen wir den unbequemen Diskurs mit den Fragen der Menschen unserer Tage an und gehen wir damit das Risiko ein, dass sich die Gestalt unserer Kirche verändert?", fragte Gerber am Sonntag in einem Gottesdienst in Fulda zum Bonifatiusfest.

Es sei Auftrag der Kirche, Menschen neu mit der Botschaft des Glaubens in Beziehung zu bringen, betonte Gerber. Sie stehe dabei vor einer doppelten Herausforderung: "Den furchtbaren Erfahrungen von Machtmissbrauch und sexualisierter Gewalt, die es aufzuarbeiten gilt, und einer säkularen Gesellschaft, mit der es weder Bonifatius noch Paulus oder andere große Gestalten der Kirchengeschichte bisher zu tun hatten."

"Antworten, die noch keiner vor uns geben musste"

Die Menschen von heute seien selbstbewusst, eigenständig, aufgeklärt und hätten ein hohes Empfinden für Gerechtigkeit. Sie erwarteten ganz andere Antworten auf ihre Fragen, so Gerber: "Antworten, die noch keiner vor uns geben musste."

Auch Bonifatius, der als "Apostel der Deutschen" gilt, sei seinerzeit an Grenzen gestoßen - wenn auch unter anderen politischen und gesellschaftlichen Umständen. "Aber er verbittert nicht und bleibt offen für neue Formen und Wege", betonte der Bischof. "Es gelingt ihm, immer wieder seinen Auftrag beim Wort zu nehmen und den Glauben kraftvoll zu verkünden."

Im Sturm seien die Jünger Jesu wesentlich geformt worden: Auf dem See Genezareth, in der österlichen Dramatik, im Sturm des Pfingstgeistes und in vielen weiteren Stürmen des Lebens, erklärte Gerber. "Es ist meine tiefe Überzeugung geworden: In diesem Sturm, den wir als Kirche erleben, dessen Gründe wir - zumindest diejenigen, die in ihr Leitungsverantwortung haben - zu einem guten Teil selbst zu verantworten haben, in diesem Sturm will der Herr seine Kirche formen - neuer und radikaler als wir es zu glauben wagen." Dabei gelte es auch, Dinge loszulassen. (KNA)