Kanada: Erneut Gräberfund nahe ehemaligem katholischem Internat
In Kanada sind auf dem Gelände eines früheren Internats für indigene Kinder erneut zahlreiche unmarkierte Gräber entdeckt worden. Wie der Leiter der indigenen Gemeinschaft der Penelakut, Joan Brown, laut kanadischen Medien (Dienstag Ortszeit) mitteilte, stießen Forscher auf dem ehemaligen Schulgelände auf der Penelakut-Insel westlich von Vancouver auf mehr als 160 Grabstellen mit sterblichen Überresten von Kindern. In dem von der katholischen Kirche geleiteten Internat waren vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1975 Kinder indigener Mütter untergebracht.
"Es bricht mir das Herz", sagte Kanadas Premierminister Justin Trudeau Medienberichten zufolge nach Bekanntwerden des Funds. "Wir können diejenigen, die umgekommen sind, nicht zurückbringen, aber wir können und werden die Wahrheit ans Licht bringen und weiterhin mit den indigenen Gemeinschaften zusammenarbeiten, um die Diskriminierung und strukturellen Rassismus zu bekämpfen."
Treffen des Papstes mit Indigenen-Vertretern geplant
Nach Bekanntwerden erster Gräberfunde kam es in Kanada in den vergangenen Wochen wiederholt zu Brand- und Farbanschlägen auf katholische Kirchen. Mehrere der Vorfälle ereigneten sich auf indigenem Boden oder wurden mit den Entdeckungen der Kindergräber direkt in Verbindung gebracht. Führende Vertreter der indigenen Bevölkerungen verurteilten die Angriffe, da sie die Spaltung zwischen Indigenen und Nicht-Indigenen vertiefen würden. Indes gab der Vatikan bekannt, dass sich Papst Franziskus im Dezember mit einer Delegation der kanadischen Ureinwohner im Vatikan treffen wolle, um sich über die traumatischen Auswirkungen der Kolonialisierung und die Rolle der katholischen Kirche darin zu informieren. Eine von verschiedener Seite geforderte offizielle Entschuldigung des Papstes für die kirchliche Beteiligung am Umerziehungssystem der "residential schools" blieb bisher aus.
Seit Ende Mai wurden in Kanada auf ehemaligen Internatsgrundstücken durch Bodenradar mehr als 1.000 Gräber mit den sterblichen Überresten von Kindern entdeckt. Im 19. und 20. Jahrhundert waren Schätzungen zufolge mehr als 100.000 Kinder indigener Mütter – oft zwangsweise – in kanadischen Heimen untergebracht. Viele der landesweit mehr als 130 Einrichtungen wurden von katholischen Ordensgemeinschaften betrieben. Sie sollten die Kinder im Auftrag des Staates an die "christliche Zivilisation" heranführen. Oft durften sie ihre Muttersprache nicht sprechen. Eine unbekannte Zahl von Kindern und Jugendlichen wurde körperlich misshandelt oder sexuell missbraucht, viele starben an Infektionskrankheiten. (mfi/KNA)