Vatikan-Prozess im Fall Becciu nach erster Sitzung vertagt
Der Gerichtsprozess zum vatikanischen Finanzskandal rund um Kardinal Giovanni Angelo Becciu ist nach dem ersten Verhandlungstag auf den 5. Oktober vertagt worden. Der Vorsitzende Richter Giuseppe Pignatone ordnete am Dienstag an, dass allen zehn angeklagten Personen weitere Beweismittel, unter anderem Videoaufnahmen zur Verfügung gestellt werden müssen.
Der Strafprozess zählt zu den bislang größten der vatikanischen Justiz. Zum ersten Mal saß ein Kardinal auf der Anklagebank des Vatikan. Im Kern geht es um eine verlustreiche Investition in Höhe von insgesamt 350 Millionen Euro in eine Londoner Luxusimmobilie sowie damit zusammenhängende Deals und Provisionen.
Mehrere Anwälte hatten zum Auftakt aufgrund formaler Fehler, fehlender Beweismaterialien und mangelnder Vorbereitungszeit eine Verschiebung des Prozesses gefordert. Auch die strafrechtliche Kompetenz des Vatikan und sein Recht, italienische Staatsbürger anzuklagen und auf italienischem Boden zu befragen, wurden infrage gestellt.
Ehemaliger Kuriekardinal will seine Unschuld beweisen
Becciu und sein ehemaliger Sekretär Mauro Carlino waren beim ersten Prozesstag persönlich anwesend. Die weiteren Angeklagten, darunter der Schweizer Finanzexperte und ehemalige Präsident der vatikanischen Finanzaufsicht, Rene Brülhart, sowie die Finanzmanager Gianluigi Torzi und Raffaele Mincione, ließen sich durch ihre Anwälte vertreten.
Becciu betonte, dass er volles Vertrauen in das Gericht habe. Er habe die vorgebrachten Punkte mit Ernsthaftigkeit studiert und sei sicher, seine Unschuld beweisen zu können. Darüber hinaus kündigte er rechtliche Schritte gegen den ehemaligen Verwaltungsleiter im Staatssekretariat, Alberto Perlasca, an. Dieser ist einer der Hauptzeugen.
Anklage lautet auf Amtsmissbrauch und Unterschlagung
Dem Kardinal werden mit Blick auf seine damalige Funktion als Substitut im vatikanischen Staatssekretariat Veruntreuung und Amtsmissbrauch sowie Verleitung zur Falschaussage vorgeworfen. Obendrein ist in der Anklageschrift von fragwürdigen Überweisungen an die ebenfalls angeklagte Sicherheitsberaterin Cecilia Marogna sowie an seinen Bruder und dessen Sozialeinrichtung die Rede. Bei Ex-Sekretär Carlino lautet die Anklage auf Amtsmissbrauch und Erpressung. Die Vorwürfe gegen die übrigen Angeklagten reichen von Betrug, Geldwäsche, Korruption bis hin zu Unterschlagung.
Papst Franziskus hatte den aus Sardinien stammenden Becciu im vergangenen Jahr ohne Angabe von Gründen von der Leitung der Heiligsprechungsbehörde entbunden und zugleich seinen Verzicht auf "die mit der Kardinalswürde verbundenen Rechte" angenommen. (KNA)